Feuerherz von Luigi Forlani. BRD/Österreich, 2008. Letekidan Micael, Solomie Micael, Seble Tilahunl, Daniel Seyoum, Mekdes Wegene, Samuel Semere
Die von viel öffentlicher Empörung begleitete Debatte über den Authentizitätsgrad von Senait Meharis „Autobiographie“ ist eine Sache und für mich im Moment nicht interessant, da ich weder das Buch kenne noch genug Hintergrundwissen über den krieg in Eritrea habe, um irgendetwas beurteilen zu können. Tatsache scheint immerhin zu sein, dass die Dame es geschafft hat, sich sehr publicitywirksam zu vermarkten, und ob sie damit nun einem „guten Zweck“ dient oder nur sich selbst, sei dahingestellt. Für mich geht es einzig darum, diesen Film zu beurteilen, und der ist gemessen an seinem Thema und an den Möglichkeiten eine arge Enttäuschung.
Zweifellos gibt es tausendfach Biographien wie diese: Kinder werden in den eritreischen Befreiungskrieg, der dann zu einem Bürgerkrieg zwischen zwei verfeindeten Gruppierungen wurde, hineingezogen, zu Soldaten ausgebildet, und müssen grausames Töten und Sterben ertragen. Man weiß, dass dies unabhängig vom konkreten Kontext überall in Afrika leider weit verbreitete Praxis war und ist und kann sich wohl nur ungefähr vorstellen, welch grauenhafte Traumata bei den Opfern entstehen. Wir sehen hier das kleine Mädchen Awet, das zusammen mit ihrer Schwester vom eigenen Vater einer Rebellenarmee zugeführt und dort an der Waffe ausgebildet wird, bis es sich Kraft des eigenen Willens entschließt, das Morden und Töten nicht mitzumachen und in den Sudan zu fliehen. So gesehen widmet sich der Film einer guten Sache, er greift ein bestürzendes und wichtiges humanes Thema auf, er scheint sich zu engagieren, und die namentliche Präsenz mehrerer internationaler Organisationen auf dem Kinoplakat zielt gerade darauf hin ab. Um so überraschender ist es, dass Regisseur Forlani der eigenen Sache nicht recht zu trauen scheint, denn wieso hätte sein Film sonst so überaus zahm, brav und bieder daherkommen sollen? Eine grotesk hausbackene Inszenierung, die um Gottes Willen niemandem wehtun will und irgendwo auf mediokrem TV-Niveau landet, eine kaum vorhandene Dramaturgie, die sich monoton von Punkt zu Punkt schleppt, ein Drehbuch, das sich durchgängig um jedes politische und historische Detail drückt und uninformierte Zuschauer im luftleeren Raum hängen lässt, und schließlich ein widerlich glatter, gefälliger Ethnosoundtrack, der endgültig jegliche Aussagekraft im Ansatz erstickt, das sind Hypotheken, die für solch einen kleinen Film nicht zu tragen sind. Dagegen stehen zwar Judith Kaufmanns wie immer exzellente Kameraarbeit und die wirklich eindrucksvollen Laiendarsteller, die zum Teil eine enorme Präsenz entwickeln, doch Forlanis Schwächen als Regisseur und seine konsequente Weigerung, vom Pfad der breitestmöglichen Konsensästhetik abzuweichen, machen jeden vielversprechenden Ansatz zunichte und sich fatal für ein Projekt, das sich eigentlich politisch und menschlich engagiert geben möchte. Ich war fast erstaunt, wie unberührt mich ein Film über dieses Thema lassen kann, und muss dabei betonen, dass ich gut und gern auf die üblichen Hollywoodeffekte und ein großes Budget verzichte, doch gibt es ja auch Beispiele für Filme, die ohne das auskommen und dennoch kraft- und wirkungsvoll sind.
„Feuerherz“ ist ein trauriges Beispiel für Betroffenheitskino, das seine Betroffenheit lediglich behauptet und vor allem beim Zuschauer keinerlei Betroffenheit auszulösen vermag. Die Menschjen, deren Schicksal hier angeprangert werden soll, haben wirklich mehr und Besseres verdient als dieses flaue Lüftchen, das mit Sicherheit nichts ausrichten kann. (29.1.)