Angels & Demons (Illuminati) von Ron Howard. USA, 2008. Tom Hanks, Ayelet Zurer, Ewan MacGregor, Stellan Skarsgård, Nikolai Lie Kaas, Armin Müller-Stahl, Pierfrancesco Favino
Die große Kirchenverschwörung Teil zwei: Weil ihm der Kurs seines Papstes zu lasch und modern wird, behauptet der Camerlengo, den der Papst einst selbst aus ärmsten irischen Verhältnissen unter seine Flügel genommen hatte, kurzerhand die Wiederauferstehung des legendären Illuminatenordens, tötet den Heiligen Vater mit einer Überdosis seines Medikaments, lässt einen Profikiller einfliegen, in einem Genfer Labor einen hochexplosiven Sprengstoff aus Antimaterie entwenden und als tickende Zeitbombe in der Engelsburg verstecken, vier Kardinäle entführen und der Reihe nach spektakulär hinrichten, und in Rom ein apokalyptisches Szenario aufbauen, das entweder zum Ende des Vatikans oder zu einer Neuordnung der katholischen Kirche führen soll. Gut, dass es noch die Amerikaner gibt, nüchtern und klar denkende Typen wie Robert Langdon, die mit dem ganzen christlichen und mythischen Kram der alten Welt nichts am Hut haben und sich deshalb viel besser als die Einheimischen dazu eignen, die Zeichen zu deuten und die Spur quer durch die Kirchen und Piazzi Roms aufzunehmen. Die Jagd findet an einem einzigen Tag innerhalb weniger Stunden zwischen 20 Uhr und Mitternacht statt, und wie man heute weiß, ist alles gut gegangen: Der Vatikan steht noch, und der Papst ist ein reaktionärer alter Sack wie eh und je, und wieder ist kein Ire auf den heiligen Stuhl gewählt worden – kein Wunder, wenn von den Jungs doch nur Übles kommt…
Das Gute ist, dass man sofort weiß, womit man es hier zu tun hat, nämlich mit hundertprozentigem Popcornkino ohne jeden höheren Anspruch, und als genau das muss man einen Film wie den hier nehmen, und wenn die Verantwortlichen im Vatikan sich über solch einen Unsinn tatsächlich noch empören und rigorose Drehverbote in ihren heiligen Hallen erteilen, dann sind sie nicht unsouverän, sondern auch noch kreuzdämlich, zumal sie einem inhaltlich völlig harmlosen und seichten Kommerzfilmchen somit zu unnötiger Publicity verhelfen.
Harmlos ist er insofern, als Browns verquaste (und oft sogar noch abgekupferte) Phantasien eben zum großen Teil genau das sind und historisch keinerlei Bewandtnis haben. Zwar hat es tatsächlich einen Illuminatenorden gegeben, doch haben weder Galilei noch Bernini etwas damit zu tun, und die gesamte Zahlenmystik und Verschwörungslegende, die sich vor allem seit Shea/Wilsons Trilogie um den Geheimbund rankt, ist zwar durchaus reizvoll und verkauft sich bestens, entbehrt aber weitgehend jeder Grundlage. Ist ja eigentlich auch egal, wenn daraus ein nettes Stückchen Spannungskino wird, und nicht mehr und nicht weniger ist hier mit viel Routine zustande gekommen.
Ron Howard zieht die Spannung rechtzeitig an und hält den Dampfpegel zwei Stunden lang sehr wirkungsvoll auf gleichbleibend hohem Niveau, auch wenn es gegen Ende mindestens zwei, drei Knalleffekte zuviel gibt, aber das ist in Dan Browns trivialen Romane eben so vorgegeben, und weshalb sollten sich Filmproduzenten ausgerechnet damit zurückhalten. Immerhin lassen sie im Unterschied zur Vorlage den vierten Kardinal leben und zum Papst wählen (ein Happy End, das den Vatikan doch eigentlich gnädig stimmen müsste) und sie lassen Langdon und seine italienische Mitstreiterin platonisch miteinander umgehen, was wiederum stimmig ist, wenn man sich ansieht, wie denkbar unsexy und leblos Tom Hanks hier zu Werke geht. Ich weiß, ich habe grundsätzlich etwas gegen ihn, doch selbst unvoreingenommenen Zuschauern müsste seine unerträglich eindimensionale, phlegmatische und fast abwesend anmutende Schauspielerei negativ auffallen, und auch wenn Langdon schon bei Brown nicht gerade ein Ausbund an Persönlichkeit oder Tiefgründigkeit ist, so ist er in den Filmen (im ersten ja auch schon) vollends zur leeren Hülle verkommen, genau wie die jeweilige Partnerin, wobei der Chauvi in mir feststellen muss, dass Ayelet Zurer leider nicht annähernd so hübsch ist wie Audrey Tautou, weswegen dieser Vergleich zum Vorgänger eindeutig zum Nachteil ausfällt. Aber auch diesmal gruppiert sich um die blassen Hauptpersonen ein erlesener Kreis erstklassiger Charaktermimen, die ihren Rollen etwas Profil und Gewicht verleihen können, und die atemlose Hatz durch das klassische Rom hat den einen oder anderen Schauwert zu bieten und ist vor allem so spannend choreographiert, dass man irgendwann aufhört, nach Sinn und Logik der ganzen Chose zu forschen, so wie Hollywood es eben will. Sinnvoll ist es allemal, bei der Überlänge eine Pause einzubauen, damit am Popcorntresen der Kiloeimer wieder aufgefüllt werden kann.
So vergehen gut zweieinviertel Stunden flott und unterhaltsam, ungeachtet all der oben erwähnten Einwände. Ich wünsche mir weiterhin, man hätte einen anderen Schauspieler für den Langdon engagiert, und es gäbe nicht so viel Deppen, die Unfug wie diesen hier ernst nehmen. Denn innerhalb der Kategorie Unfug ist das hier eine wirklich ordentliche Sache. (15.5.)