The edge of love (#) von John Maybury. England, 2008. Keira Knightley, Sienna Miller, Matthew Rhys, Cillian Murphy

   Im klassischen Melodram, das weiß man, geht das mit einem Mann und zwei Frauen selten gut. Wenn sich dazu dann aber ein weiterer Herr gesellt, sollte doch alles in Butter sein, oder? Hier lernen wir nun, dass es auch dann noch reichlich Schwierigkeiten geben kann, zumal der erste Mann den Platzhirschen gibt und immer noch beide Frauen für sich reklamiert. Untertitel des Films: Porträt des Künstlers als egozentrischer Arsch.

   London während des 2. Weltkriegs: Die Bomben hageln, das Leben spielt sich zur Hälfte in Luftschutzräumen ab, wo man sich bei Musik und Tanz die Zeit vertreibt. Dort trifft Dylan Thomas seine Jugendliebe Vera Phillips wieder, an der er immer noch sehr hängt, obwohl er selbst längst verheiratet ist mit Caitlin, einer irischen Tänzerin. Das Ehepaar Thomas zieht notgedrungen zu Vera in die kleine Wohnung, und zu dritt richtet man sich ein, wobei Vera einerseits Thomas klarmachen muss, dass die alten Zeiten vorüber sind, und sich andererseits mit Caitlin anfreundet, die ihre anfängliche Eifersucht bald überwindet. Als sich der britische Offizier William Killick um Vera bemüht, reagiert Dylan sofort eifersüchtig, denn er möchte Vera um der Erinnerung wegen noch immer ganz für sich haben. Vera jedoch geht nach einiger Zeit auf William ein, und während er im Krieg kämpft, bringt sie das gemeinsame Kind zur Welt. Gemeinsam mit Dylan und Caitlin zieht sie aus London fort nach Wales, wo sie zwei Cottages an der Küste bewohnen. Vera schläft einmal mit Dylan und weiß sofort, dass sie einen großen Fehler gemacht hat. Als Killick aus dem krieg zurückkommt, geschieht, was geschehen muss: Er ist traumatisiert vom Krieg, kann seinen Sohn zunächst nicht annehmen, Wut und Eifersucht kochen in ihm hoch, besonders als er feststellt, dass Vera die Thomas‘ die ganze Zeit finanziell ausgehalten hat und Dylan gleichzeitig sein Geld in Kneipen versäuft. Als der Konflikt eskaliert und William zur Waffe greift, kommt es zur Gerichtsverhandlung. Dylan will den Rivalen verurteilt sehen und macht eine Falschaussage, doch Killick wird freigesprochen. Dylan und Caitlin ziehen fort, die Wege der beiden Paare trennen sich.

 

   Wie im klassischen Melodram bestimmen hier die Emotionen das Geschehen. Sie brodeln, sie köcheln, sie schäumen wuchtig hoch, sie, kulminieren schließlich in einer Beinahe-Katastrophe und enden mit dem Verlust zweier Freundschaften, wie das oft so ist, wenn sich Liebe und Freundschaft in die Quere kommen und kein Kompromiss möglich scheint. Katalysator des ganzen Aufruhrs ist leider der Herr Künstler, ein genialer, unvergleichlicher Dichter, als Beziehungsmensch jedoch nicht zu gebrauchen, denn wie ein Kind will er immer das haben, was er gerade begehrt, kann Niederlagen nicht akzeptieren, kann nicht mal ein „Nein“ akzeptieren, schwelgt naiv in irgendwelchen längst vergangenen Zeiten und will nicht einsehen, dass diese Zeiten unwiederbringlich vorüber sind. Er schläft mit Frauen, um für seine Kunst Erfahrungen zu sammeln, umgibt sich eitel mit gut gekleideten Kunstmenschen, hat zum wirklichen Leben kaum noch Kontakt und sieht folglich überhaupt nicht, welche Konsequenzen sein verhalten für die beiden Frauen und auch für William hat. Ein Egomane im schlimmsten Sinne, launisch, selbstsüchtig, dem Alkohol verfallen, und als Vera ihn ein einziges Mal wirklich braucht und bittet, lässt er sich eiskalt im Stich und macht eine falsche Aussage gegen den Konkurrenten. Die Frauen wiederum, die zum Teil durchaus ziemlich stark und cool erscheinen, haben doch nicht die Kraft, sich von seinem Einfluss zu lösen, irgendwie schafft er es immer wieder, Menschen an sich zu binden. Solange alles noch halbwegs im Lot ist, gestaltet sich das Miteinander der drei in London sehr flott und temporeich, später dann nisten sich spürbar Misstrauen und Frustration im Geschehen ein, der Ton wird dunkler, trister. Vieles an der Story ist vorhersehbar, was in diesem Falle aber nicht sonderlich stört, denn die hervorragenden Schauspieler und die konsequent effektvolle Inszenierung bringen die Emotionen so stark und drängend rüber, dass ich mich als Zuschauer nur schwerlich hätte entziehen können. Solch ein Vorgehen birgt das Risiko, dass alles in ein einziges dröhnendes, hohles Nichts verpufft, und manch eine Szene schlittert auch ziemlich knapp am bloßen Klischee vorbei, doch bleibt dies ein eindrucksvoll dargestelltes Drama, eine kraftvoll inszenierte Show großer Gefühle, und wer so was mag, der ist hier goldrichtig. (28.7.)