Vorstadtkrokodile von Christian Ditter. BRD, 2009. Nick Romeo Reimann, Fabian Halbig, Leonie Tepe, Manuel Steitz, Javida Imani, Robin Walter, Nicolas Schinseck, David Hürten, Jacob Matschenz, Axel Stein, Okday Özdemir, Nora Tschirner, Maria Schrader, Smudo

   Sieht man sich diesen Film an und stellt ihn in eine Reihe mit einigen anderen dieser Art, sieht man schon, wie zeitlos die Themen sind, die Max von der Grün in seinem wunderbaren Klassiker aus den 70ern anspricht: Freundschaft, Toleranz, Solidarität, Vorurteilslosigkeit, um nur die hervorstehenden anzusprechen, und diese Werte gelten natürlich noch immer (sollten sie wenigstens) und müssten deshalb nach wie vor betont und eingefordert werden. Dass dies heute nicht mehr auf die gleiche Weise geschieht wie vor mehr als dreißig Jahren – als der Roman schon einmal von Wolfgang Becker verfilmt wurde -, ist nicht nur einleuchtend sondern auch völlig richtig, denn wenn man die Kids mit diesem Stoff erreichen will, muss man sich auf ihre Sprache und ihre Ansprüche einlassen und ihnen auch was dafür bieten.

 

   Das ist mit dieser Neuauflage meiner Meinung nach auch sehr gut gelungen: Der Film hat Tempo, ist streckenweise sehr spannend und transportiert trotzdem das Anliegen, das der Geschichte zugrunde liegt, und zwar so, dass es auch die Coolcats von heute fressen dürften. Viel Lokalkolorit aus dem alten Ruhrpott steckt dahinter, ein dezenter aber dennoch spürbarer Blick für soziale Verhältnisse, nicht nur die Integration des querschnittgelähmten Jungen steht im Vordergrund, sondern auch die Probleme einiger anderer, für die ihr Platz bei den Krokodilen keineswegs selbstverständlich und sicher ist. Einer hat einen prügelnden Vater und einen dementsprechend gelaunten großen Bruder, der andere hat eine Mutter, die sich als Alleinerziehende durchschlägt und eine wichtige Fortbildung am Hals hat, ein dritter ist Grieche und hat schon allein deshalb einen bestimmten Hintergrund. Diese Sammlung repräsentativer „Problemfälle“ wirkt natürlich pädagogisch – auch von der Grüns Buch ist ausgesprochen pädagogisch -, aber damit habe ich kein Problem, wenn es nicht zu penetrant, zu belehrend und zu besserwisserisch rüberkommt, und ich finde zumindest, dass das hier ganz gut vermieden wurde. Die Pädagogik wird sehr wirkungsvoll in temporeiche, witzige und manchmal auch angemessen ernste Szenen integriert, das Milieu ist in jeder Hinsicht stimmig und die Story gut konstruiert. Die einzig nennenswerte Schwäche liegt für mich diesmal in den Schauspielern, die etwas zu unausgewogen in ihren Leistungen sind, was teilweise auch an der Regie liegen mag. Starke Leute wie Matschenz oder Özdemir beispielsweise tun deutlich zuviel des Guten, auch ganz gegen ihren sonst gewohnten Stil, und Maria Schrader hinterlässt einen merkwürdig unbeholfenen, verspannten Eindruck, so als fühle sie sich in solchen Filmen nicht so recht zuhause. Die anderen dagegen sind mit Engagement und Temperament bei der Sache, und alles in allem ist dies ein Film, der Spaß macht und sehr spannende unterhält und vor allem den nötigen Tiefgang hat, um sich von solchem Quatsch wie den Wilden Kerlen abzuheben. Auch ein alter Sack wie unsereiner, der mit dem Buch und dem alten Film groß geworden ist, kann sehr gut damit leben. (28.3.)