Men who stare at goats (Männer die auf Ziegen starren) von Grant Heslov. USA, 2009. George Clooney, Ewan McGregor, Jeff Bridges, Kevin Spacey, Stephen Lang

   Jetzt habe ich schon einige unfreundliche Sachen aus meinem Freundeskreis über diesen Film gehört und war fast geneigt, darauf zu hören und auf Abstand zu gehen. Na schön, ich hab’s nicht getan und auch nicht bereut, und nachher hab ich gleich gedacht, dass es wohl drauf ankommt, wie man diesen Film sieht, dass heißt, ob man aufs Detail schaut oder auf das große Ganze.

   Komischerweise (oder doch nicht so komisch...?) ist mir mit zunehmender Spieldauer immer wieder Robert Altmans „MASH“ in den Kopf gekommen, die eine große Militärsatire aus den USA, die man automatisch als Maßstab für alle Nachfolger heranziehen muss (davor gab’s keine Militärsatiren...). Beide Filme besitzen einige Ähnlichkeiten, beide wirken irgendwie schludrig, unorganisiert, bei Tageslicht besehen eher chaotisch und mit etlichen Leerstellen belastet, beide erscheinen im einzelnen eher unpräzise, beide argumentieren nie im Leben politisch oder sonstwie konkret, und dennoch gilt zumindest „MASH“ (ganz zurecht) als die ultimative, richtungweisende Polemik gegen Krieg und die, die ihn führen – warum? Ganz einfach, weil er dem mörderischen Wahnsinn des Krieges eine geradezu heilsame Respektlosigkeit und Anarchie entgegensetzt, weil er organisiertem Massentotschlag mit Jux und Blödsinn begegnet und vor allem weil er es wagt, die heiligste aller amerikanischen Kühe der Lächerlichkeit preiszugeben. Diese Qualitäten hat auch „Männer, die auf Ziegen starren“, und wenn auch dieser neue Film alles in allem nicht ganz das Zeug zum Klassiker hat wie Altmans, so finde ich ihn in vieler Hinsicht dennoch beachtenswert.

   Es geht um einen Reporter, der von seiner Frau verlassen wurde und nun auf der Suche nach Berichtenswertem aus dem Irakkrieg auf eine Spezialeinheit der US Army stößt, der „New Earth Army“, die Anfang der 80er ins Leben gerufen wurde, um mit sogenannten parapsychologischen Kampfmethoden zum Erfolg zu kommen, gerade als Reaktion auf jüngst verlorene Kriege. In dieser Einheit versammelt sich bald eine schräge Truppe aus echten Jedikriegern, Hippies, Esoterikern und solchen Jungs, die eher auf Mädels und Drogen stehen als auf Krieg. Weshalb sie auch früher oder später auch wieder von der Bildfläche verschwunden waren, nur um allerdings ein Leben im Verborgenen weiter zu führen, bis nun dieser Milchbubi aufkreuzt und sich auf ihrer Spur in die Wüste begibt.

 

   Wie in „MASH“ gibt es kaum eine nennenswerte Story, erst recht keine stringent erzählte, die Chronologie hüpft munter hin und her, eine Dramaturgie im ordentlichen Sinn ist nicht auszumachen, der Off-Kommentar des Reporters nervt gelegentlich auch ein bisschen, und der eine oder andere Joke entpuppt sich als flauer Knallfrosch, dafür aber gibt’s auch viele hinreißend witzige Szenen, herrlich blühenden Unfug und eine Handvoll Schauspieler, die mal alle Fünfe gerade sein lassen und nach Herzenslust kleine alberne Jungs sein dürfen (Mädchen haben in diesem Universum irgendwie nix verloren). Wie hier die viel gefeierte und in endlos pompösen Machwerken weihevoll besungene US Army nach Strich und Faden verarscht wird, ist einfach eine Wonne. Natürlich kommt nicht jede Pointe gleich gut, natürlich hätte man sich durchaus etwas mehr politischen Unterbau wünschen können und natürlich weist ein Film wie dieser fast zwangsläufig heftige Niveauschwankungen auf. Er ist launisch, undiszipliniert, unausgeglichen, mal faul und flegelhaft, dann wieder bissig bis ins Mark, aber er hat verdammt das Herz auf dem rechten (oder eher linken...) Fleck, und er hat auch nichts zu schaffen mit den vielen unterirdisch platten Kasernenklamotten, die weitgehend die einzige Alternative zu all dem vielen patriotischem Gedöns zu sein scheinen. Dass die US-Kritiker diesen Film ablehnen, ist völlig logisch und dient eher noch zu seiner Rechtfertigung – schlimm wäre es geradezu gewesen, wenn das Establishment ihn mit offenen Armen aufgenommen hätte. (28.3.)