Same same but different von Detlev Buck. BRD, 2009. David Kross, Apinya Sakuljaroensuk, Stefan Konarske, Jens Harzer, Anne Müller, Michael Ostrowski, Marie Jung
Die wahre Geschichte eines jungen Typen aus Hamburg, der mit seinem Kumpel einfach mal nach Kambodscha tingelt, um sich dort richtig die Birne vollzuknallen, bevor es dann daheim ab in den Beruf geht. Man hat ein wenig Kohle, nimmt alles ziemlich easy, lernt ein paar andere Leute kennen, die’s genau so easy nehmen, schlägt sich bis Pnom Penh durch und lässt es in den hiesigen Klubs ordentlich krachen. Unser Ben ist dabei gar kein so echter Partylöwe, also steht er immer ein bisschen abseits und schaut den anderen eher zu, doch als er die hübsche Sreykeo aufgabelt, ändert sich für ihn die Lage gründlich. Er verliebt sich in das Mädchen, wohl wissend, dass sie sehr wahrscheinlich eine Vergangenheit als Prostituierte vornehmlich für ausländische Kunden hat, und auch bei ihm achtet sie durchaus darauf, dass die Finanzen stimmen. Zurück in Hamburg erfährt er, das sie HIV-positiv ist und entgegen aller wohlmeinenden Ratschläge bester Freunde und seines Bruders engagiert er sich weiter, schickt Geld und reist schließlich wieder dorthin, lernt Sreykeos Familie kennen, lernt Land und Leute kennen, versucht, für sie gute Medikamente zu organisieren und ist damit erfolgreich. Doch die immer wieder erzwungene Trennung zermürbt die beiden, und erst als er sich hundertprozentig für sie entscheidet und zu dieser Entscheidung auch steht, wird die Sache wohl eine Zukunft haben.
Eine Liebesgeschichte zwischen erster und dritter Welt, Europa und Asien, Ost und West, buddhistischer Lebensart und kapitalistischem Materialismus, eine Geschichte auch, die eine Menge Möglichkeiten für melodramatische Untiefen bereithält, doch Detlev Buck zeigt sich smart und cool genug, um all diese Untiefen instinktsicher zu umschiffen und einen Film zu machen, der sich im Gegenteil mit großen Gefühlen sehr zurückhält und fast schon wieder etwas kühl wirkt. Seine Prioritäten sind ziemlich offensichtlich: Die Konfrontation der einander zunächst fremden Welten und Hintergründe, Bens Wandlung von einem gedankenlosen, typisch westlichen Konsumenten zu einem jungen Mann, der seine Verantwortung annimmt und sie anderen gegenüber durchsetzt. In sehr ausführlichen, eindrucksvollen Szenen wird seine Annäherung an Kambodscha beschrieben, die Auseinandersetzung mit der unvorstellbaren Armut, der allgegenwärtigen Prostitution, der Lebensumstände der Familien in der Stadt und auch draußen auf dem Land, wo sie zu viert oder fünft in winzigen Holzhütten hausen, ihrer Gastfreundschaft und zugleich auch ihrem Misstrauen. Kühle Kalkulationen werden dabei nicht nur von den hanseatischen Pfeffersäcken betrieben – auch Sreykeo vergisst den geschäftlichen Aspekt ihrer Liaison nicht, pumpt Ben immer wieder um Geld an und nähert sich auch wieder anderen Männern, als ihre Zukunft unsicher zu werden droht. Ihr Blick ist ganz aufs Überleben fokussiert, moralische Bedenklichkeiten und Zimperlichkeiten kann sie sich schon längst nicht mehr leisten, kann sich überhaupt niemand in einem Land leisten, das aus den glorreichen Zeiten der Roten Khmer vermint ist wie kein zweites auf der Welt und das nach der grausamen Paralyse mit verzweifelter Kraft versucht, Anschluss an das moderne Leben zu gewinnen. Ein Festmahl für unsere lieben Sextouristen und andere Exponenten der westlichen Spaßgesellschaft, die sich dort mit vergleichsweise geringem Aufwand wie die Könige hofieren lassen und die Käuflichkeit der Einheimischen nach Herzenslust ausnutzen. Bucks Film macht auch daraus zwar keine explizit große Sache, doch spielen Themen wie dies im Hintergrund immer eine gewichtige Rolle, um darauf zu verweisen, auf welch heiklen Drahtseilakt sich Ben einlässt. Seine Geliebte ist in jedermanns Augen nur eine Nutte, die früher oder später an Aids sterben wird, er wiederum ist ein weiterer mieser weißer Mann, der sich für ein paar Dollars ein knackiges kambodschanisches Mädchen kauft. Und dann ist da ja auch immer noch die eigene heimliche Angst, dass er vielleicht doch nur von einem berechnenden Mädchen ausgenommen und benutzt wird. Die Beharrlichkeit, mit der er sich gegen all Widerstände und Vorurteile durchsetzt, nötigt ebenso viel Respekt ab wie sein Verantwortungsgefühl, das für einen Knaben seines Alters nicht gerade selbstverständlich ist – wie leicht wäre es gewesen, von Hamburg aus per Handyanruf Schluss zu machen und spurlos und für immer aus Sreykeos Blickfeld abzutauchen, so wie es sein bester Kumpel daheim todsicher getan hätte.
Somit spielt das ganze Setting, spielen Land und Leute neben den beiden Hauptfiguren fast gleichberechtigt wichtige Rollen, und das finde ich ausgesprochen wohltuend (wie auch die Darstellungen der beiden Protagonisten), dass nämlich nicht nur die große Liebe im Vordergrund steht, sondern ein aufmerksamer, unvoreingenommener und sensibler Blick auf die Verhältnisse im ganzen gerichtet ist. Wer sich lediglich mit Emotionen zukippen lassen möchte, ist hier womöglich an der falschen Adresse, wer sich hingegen auf eine konsequent interkulturell ausgerichtete Beziehungskiste einlassen kann, wird hier einen interessanten und angenehm zurückhaltenden Film entdecken können, der mit Bucks früheren schrägen Komödien nicht mehr viel gemeinsam hat. (27.1.)