Somewhere (#) von Sofia Coppola. USA, 2010. Stephen Dorff, Elle Fanning, Chris Pontius
Sofia Coppola ist sicherlich eine der eigenwilligsten Regisseurinnen der USA, sie hat einen ganz eigenen Blick, eigene Interessen und sie ist ganz schön mutig. Sie versucht, eine Geschichte zu erzählen, die sich weitgehend um Leere, Langeweile und Einsamkeit dreht. Wie soll man das nur machen, ohne dass sich diese Stimmungen nicht automatisch bleischwer aufs Publikum übertragen? Ich finde, Coppola hat’s schon irgendwie geschafft, trotzdem ist mir ihr Film auch nicht so richtig nahe gekommen.
Johnny Marco ist ein angesagter Hollywoodstar und residiert in der legendären Promiabsteige Château Marmont auf dem Sunset Boulevard. Muffig und scheinbar konstant leicht benebelt schleppt er sich von einem Promotermin zum nächsten, lässt sich von zwei Blondinen mit Poledancing unterhalten, vernascht mal das eine oder andere Sternchen aus den Nachbarzimmern und hängt ansonsten total rum. Daran ändert sich kurzfristig was, als seine elfjährige Tochter Cleo ihm von der getrennt lebenden Mama für unbestimmte Zeit zur Versorgung angedient wird. Cleo begleitet ihn zum Shooting nach Mailand, chillt mit ihm am Pool, bringt ihn wenigstens vorübergehend mal auf Trab und lässt sich am Schluss per Hubschrauber im Sommercamp irgendwo im Nirgendwo absetzen. Und wer weiß – vielleicht hat die Begegnung ja doch Spuren bei Johnny hinterlassen.
Ganz spät im Film sehen wir die ersten nachvollziehbaren menschlichen Emotionen, die über flüchtiges Jet-Set-Getue hinausgehen, will sagen, in die Tiefe. Cleo weint, weil ihre Mutter sich nun auch distanziert und auf den Egotrip geht und sie plötzlich Angst hat, ganz allein zu bleiben. Und Johnny sehnt sich plötzlich doch nach jemandem zum Reden, ruft seine Ex an, hängt sich etwas an die Tochter, scheint auf einmal über seine öde Existenz nachzudenken. Und auch wenn er danach wieder rasch seine distanzierte, schluffig-coole Aura aufträgt, so scheint der ungewohnt nahe Kontakt zu dem Kind doch einige Risse im Zement hinterlassen zu haben. Coppola inszeniert das mit sehr viel Ruhe, Geduld und feinem Blick für die Kleinigkeiten, vor allem aber viel Gespür für Atmosphäre. Leider interessiert mich das Setting an sich recht wenig – die Hollywoodschickeria ist mir ehrlich gesagt piepegal -, doch kann ich Coppola nicht absprechen, dass sie mit viel Feingefühl zu Werke geht. Die Bilder strahlen jene satte, sonnige, hitzeflimmernde Trägheit aus, die den Sunset Blvd. womöglich umgibt, die glitzernde Oberflächenwelt wird mit sanfter, aber beharrlicher Ironie zur Schau gestellt, wobei Coppola auf platte Polemik gänzlich verzichtet. Sowohl Johnny als auch seine durchaus kokette, selbstbewusste Tochter sind Produkte dieser Scheinwelt, übersättigt, verwöhnt, und dennoch im Innern herzlich isoliert, sprachlos, allein. Eine Komödie ist dies bestimmt nicht, zur Tragödie fehlen dem Film allerdings Herz und Temperament, das Ganze kommt eher wie eine kühle, distanzierte Short Story daher, äußerst gekonnt und elegant in Szene gesetzt, von den beiden Hauptdarstellern vortrefflich gespielt, nur blieb ich zwischendurch immer wieder an der eingangs genannten Frage hängen und bin bis zum Ende zu keiner letztgültigen Antwort gelangt. Vielleicht macht gerade diese Mehrdeutigkeit, Ungreifbarkeit, dieses Pastellgefühl diesen Film aus – aber so richtig nahe gegangen ist er mir trotzdem nicht! (10.12.)