Desert Flower (Wüstenblume) von Sherry Hormann. BRD/Österreich/Frankreich/England, 2009. Liya Kebede, Sally Hawkins, Timothy Spall, Juliet Stevenson, Craig Parkinson, Anthony Mackie
Aus der Armut des Nomadenlebens in der äthiopischen Wüste bis auf die Laufstege der Metropolen und die Titelseiten der Modemagazine – eine Biographie, ganz wie für den Film gemacht. Oder natürlich für die Glamourblätter oder all die billigen Talkshows oder all die trivialen Seifenopern bei RTL. Die Geschichte der Waris Dirie ist wie ein modernes Märchen mit einem gravierenden Schönheitsfehler, und der Knackpunkt ist nun, wie man die beiden Themen unter einen Hut kriegt, sprich die grelle, oberflächliche Glitzerwelt der Supermodels und die Geschichte der afrikanischen Immigrantin, die lange illegal in London lebt, sich mit allen möglichen Putzjobs durchschlägt und dann durch Zufall einem prominenten Fotografen auffällt, wodurch ihre Karriere dann ganz langsam in Gang kommt. Die Geschichte einer afrikanischen Frau, die das Schicksal vieler anderer teilt und als dreijähriges Mädchen barbarisch mit einer Rasierklinge verstümmelt und ebenso barbarisch zugenäht wurde, die auf dem Höhepunkt ihrer Popularität ein Interview dazu benutzt, auf dieses Thema erstmals aufmerksam zu machen, und die dieses Thema dann bis vor die Vereinten Nationen tragen und endlich mal auf die Agenda der internationalen Politik setzen wird.
Wenn solch ein Film eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema Genitalverstümmelung sein will – ein Thema, das viele Millionen Mädchen und Frauen betrifft, auch heute noch -, dann sollte er sich schon eines seriösen Tonfalls befleißigen. Das ist Sherry Hormann, die bislang eh nur durch unambitionierte TV- und Filmproduktionen bekannt geworden ist, fast auf der ganzen Linie misslungen. Weder für die Szenen aus Äthiopien noch für Diris späteren Weg in London findet sie die richtigen Bilder, kleistert diese im Gegenteil noch mit aufdringlich sämiger Kitschmusik zu, allein die viel zu langen und ausführlichen Schnappschüsse aus der Glamourwelt werden mit unkritischer Schwelgerei und sichtlicher Begeisterung in Szene gesetzt. Das ist nicht nur langweilig und ärgerlich, das erweist auch der Sache Waris Diris keinen guten Dienst, denn ohne das Buch nun gelesen zu haben, nehme ich doch sicher an, dass es ihr bitter Ernst ist mit ihrer Mission, und da hätte sie schon einen würdigeren Film verdient als dieses ecken- und kantenlose Produkt. Das an sich keine schlechten Voraussetzungen gehabt hätte: Eine sehr charismarische Hauptfigur, einige brillante britische Charaktermimen in farbigen und vitalen Nebenrollen (vor allem Sally Hawkins ist natürlich hinreißend) und ein Anliegen, das normalerweise über jeden Verdacht erhaben sein sollte. Stattdessen legt Hormann auch rein quantitativ das Übergewicht deutlich auf die Seifenoper und lässt das eigentliche Thema einmal zwischendurch und dann etwas ausführlicher gegen Ende zur Sprache kommen. Diese Szenen sind dann zum Teil von jener schmerzhaften Intensität, die zeigen, was möglich und nötig gewesen wäre, und die endlich auch die Emotionen und die Wut erzeugen, die nötig ist, um endlich auf breiter Front gegen diese unfassbare Gewalt vorzugehen. Aber: Diese Szenen kommen zu selten, zu halbherzig, es fehlt die thematische Ausarbeitung, und angesichts des ganzen Drumherums ist klar, wo Hormanns eigentliche Interesse lagen. Falls dieser Eindruck trügt, hat Hormann ihn jedenfalls maßgeblich selbst verschuldet.
Schade drum, noch ein verschenkter Film über afrikanische Schicksal, und nach diesem hier und dem noch schwächeren „Feuerherz“ wird ich jetzt erstmal die Finger davon lassen, wenn sich europäische Regisseure auf diesem Terrain versuchen. (8.11.)