Beginners (#) von Mike Mills. USA/England, 2011. Ewan McGregor, Mélanie Laurent, Christopher Plummer, Goran Visnjic

   Das Leben, die Liebe, der Tod – das dürfen sonst eigentlich nur die Franzosen machen, und bezeichnenderweise hat sich Mike Mills auch einen Haufen europäischer Schauspieler für seinen Film geangelt, und ihn an der Schnittstelle zwischen US-amerikanischem Setting und europäischem Feeling angesiedelt. Vermutlich macht genau das den bezaubernden Charme und das Flair dieser in vieler Hinsicht ungewöhnlichen Produktion aus – ungewöhnlich in Bezug auf die Personen, aber auch in Bezug auf den Stil des Regisseurs, der manchmal an Woody Allen erinnert, ebenso häufig aber eben auch an französische Filme.

   „Beginners“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass wir immer, in jedem Alter und jeder Lebenslage Anfänger bleiben, Anfänger was das Leben an sich angeht. Oliver aus L.A. erlebt dieses Gefühl in dramatisch kurzer Zeit in dramatischer Intensität: Sein Vater outet sich nach dem Tod der Mutter als Schwuler und macht sich nach Kräften daran, Versäumtes nachzuholen. Dann wird ein Lungenkrebs bei ihm gefunden und ein heftiges Ringen gegen das Verdrängen und den unvermeidlichen Tod folgt. Kurz darauf lernt Oliver die Französin Anna kennen, verliebt sich in sie, doch die beiden scheinen keine rechte Idee zu haben, wie sie eine tragfähige Beziehung auf die Reihe kriegen sollen. Am Schluss sind sie immerhin zusammen, und er fragt: „Na und – wie soll das jetzt gehen?“, womit er gleichzeitig signalisiert, dass er ein weiteres Mal bereit ist, sich als Anfänger zurück auf Start zu begeben und sich erneut ins Abenteuer zu stürzen.

 

   Mal heiter, mal wolkig, mal traurig, mal zärtlich, mal verrückt, mal nachdenklich – die Stimmung des Films ändert sich so fließend und rapide wie die der beteiligten Personen, die, wenn man sich Oliver und Anna ansieht, nach einigen gescheiterten Versuchen das Lieben erst mal ganz neu üben müssen („Beginners“ halt...). Im Gegensatz zum sterbenden Papa, der auf seine alten Tage plötzlich auf alle Konventionen und Bedenken pfeift und einen Schnellkurs in schwuler Lebensart durchläuft, womit er den etwas stockig wirkenden Sohn ein ums andere Mal in sprachloses Erstaunen versetzt. Oliver und Anna sind sich in ihrer unsicheren, misstrauischen und irgendwie gehemmt wirkenden Lebenseinstellung ähnlich. Beide vermutlich gezeichnet von früheren Erfahrungen und nun zunächst zu vorsichtig, um sich auf ein Risiko einzulassen. Wie sie ständig schwanken zwischen sehnsüchtiger Intimität und Angst vor Nähe und Verletzung, das gehört zu den schönsten Szenen des Films, zumal Ewan McGregor (der mir in solchen „Normalo“-Rollen eh am liebsten ist) und die tolle Mélanie Laurent zusammen eine faszinierende Chemie entwickeln und jeden ihrer gemeinsamen Momente sehenswert machen. Mills’ Humor wird nie bloßstellend, sondern immer sehr warm und liebevoll, und bei aller Leichtigkeit, die an der Oberfläche durchaus vorzuherrschen scheint, verbirgt sich in der Tiefe eine gefühlvolle und nachdenkliche Exkursion zu existentiellen Fragen und das auch noch ganz ohne Kitsch und falsche Töne. Ein in jeder Hinsicht sehr schöner, sehenswerter und zu Herzen gehender Film (da, das gibt’s...) eines unkonventionellen Regisseurs und seiner kongenialen Crew. Aus den USA sieht man solche Filme leider nur ganz selten. (10.6.)