The adventures of Tintin – Secret of the Unicorn (Die Abenteuer von Tim und Struppi) von Steven Spielberg. USA/Neuseeland, 2011. Jamie Bell, Andy Serkis, Daniel Craig, Nick Frost, Simon Pegg

   Musste ich einfach sehen, weil ich mit Tim und Struppi – neben Asterix natürlich – groß geworden bin, und als ich mich so im Kinosaal umschaute, wusste ich, dass ich damit nicht allein war, denn der Altersdurchschnitt konnte durch vereinzelt mitgeschleppte Kids (die diesmal wohl nur Alibifunktion erfüllten) nicht wesentlich gesenkt werden. Diese Comics gehören ganz klar einer anderen Generation, die kennt heute kein Schwein mehr, und diese Generation hat hier einen nostalgischen Spaß der besonderen Art. Hergés Geschichten – obschon in Verruf geraten aufgrund politischer Plattitüden und Unkorrektheiten, die man wohlwollend höchstens als Spiegelbild ihrer Zeit beziffern könnte – sind noch immer Abenteuergeschichten im besten Sinne, temporeich und witzig, üppig und fantasievoll, randvoll mit bunten Bildern aus fernen bunten Ländern, bevölkert auf Dauer mit einer immer wiederkehrenden Sammlung aus mutigen Helden, schrägen Sidekicks (die natürlich viel interessanter sind als der biedere Tim) und schön bösen Bösewichtern. Meistens geht’s um das große Geld, beispielsweise einen Schatz, so wie in diesem Falle, wo wir miterleben, wie Tim seinen treuen Mitstreiter, den wunderbaren Kapitän Haddock trifft, mit ihm gemeinsam auf Spuren- und Schatzsuche geht, dabei weit in die Vergangenheit zurück reichen muss, um das Geheimnis von Haddocks Vorfahren und dessen ewigem Widersacher, dem Roten Rackham, zu ergründen. Am Schluss hat Haddock sein Domizil Schloss Mühlenhof bezogen, und die beiden können zu neuen Abenteuern aufbrechen.

 

   Das offene Ende verweist auf den zweiten Teil, „Der Schatz Rackhams des Roten“, den sich Spielberg und Produzent Peter Jackson von mir aus herzlich gern als nächstes vornehmen können, denn wie man ganz deutlich sieht, waren diese beiden großen kleinen Jungs mit soviel Liebe und Feuereifer am Werk, dass ihre positive Energie direkt auf den Zuschauer überspringt. Dies ist ein wundervoll liebenswertes, knallbuntes Stück Pop Art, technisch atemberaubend perfekt und großartig anzusehen auf der großen Leinwand (diese beiden sind schließlich auch große reiche Jungs...), turbulent und spannend und vor allem mit sehr viel Sorgfalt übertragen. Der Geist der Comicbücher wurde perfekt getroffen und nachempfunden, die einerseits naive, andererseits aber auch attraktive und farbenprächtige Bilderwelt Hergés, die bewusst schematischen Charaktere, die oft irren Stunts und Verfolgungsjagden, die sich locker über alle Naturgesetze hinwegsetzen und vor allem die große Lust auf Geheimnis und Abenteuer. Natürlich ermöglicht die sogenannte Performance-Capture-Technik im Vergleich zum reinen Comic eine ganz andere visuelle Dimension, eine Art Zwischenstufe vor dem Realfilm und hinter dem Animationsfilm, die geradezu wie geschaffen scheint für Hergés Comics. Eine idealere Art und Weise, seine Geschichten in bewegte Bilder umzusetzen kann ich mir nicht vorstellen, und ein idealeres Team als Spielberg und Jackson wohl auch nicht, denn beide bringen die richtige Mischung aus Perfektionismus und kindlicher Freude am Erzählen, am Fabulieren, am Imaginieren mit. Gerade von Spielberg habe ich lange keinen so sympathischen Film mehr gesehen, und meinetwegen kann er sich, sofern er dieses Niveau hält, gern durch Hergés gesammelte Werke graben, denn Abenteuerfilme, wenn sie so gut gemacht sind und soviel Spaß machen, die liebe ich immer noch. Dennoch sie dies zum Schluss und eher am Rande bemerkt: Den Sinn und die vermeintlichen Vorzüge der 3-D-Projektion hat mir auch dieser Film nicht erschließen können! (13.11.)