Four Lions (#) von Chris Morris. England, 2010. Riz Ahmed, Kayvan Novak, Arsher Ali, Nigel Lindsay, Adeel Akhtar
Genau der richtige Film zur rechten Zeit, sollte man meinen – noch erschallt allüberall das martialische Gedröhn der Amis, die nach zehn Jahren endlich ihre Rachemission vollendet und Bin Laden in einer lupenreinen Shoot-to-kill-Aktion liquidiert haben, da kriegt man im Kino den Kopf wieder gerade gerückt und lernt, dass man eigentlich über fast alles Witze machen kann – sogar über islamistische Terroristen, die erwiesenermaßen die schlimmste Plage der modernen Zivilisation sind. Dies ist tatsächlich eine Satire auf religiöse Fanatiker und ihren Dschihad, und, unglaublich aber wahr, dies ist eine glänzende Satire, ein hinreißend komischer Film, der dem ganzen Wahnwitz genau das richtige entgegensetzt, das einzige genau genommen, das wirklich hilft (denn reine Gewalt wird’s nicht schaffen), der nämlich den heiligen Krieg und seine Krieger in ihrer ganzen monströsen Lächerlichkeit und Dummheit zur Schau stellt, mit ihm Schabernack treibt, ohne ihn dabei zu verharmlosen, und das ist dann die echte Kunst an der Sache.
Wir sehen Omar aus Sheffield und seine drei Kumpel, die sich für ihren Dschihad rüsten, die endlich einsteigen wollen in den Kampf gegen wen auch immer (wissen sie nicht so genau) und für was auch immer (wissen sie auch nicht so genau). Sie konspirieren eifrig auf unterster Ebene, drehen vorausschauend ein paar bedrohliche Videobotschaften, sammeln Material für den großen Knall und reisen teilweise nach Pakistan, um vor Ort direkt mit den Profis zu trainieren, was allerdings ein wenig äh nach hinten losgeht... Zurück in Merry Old England wird’s nun aber ernst: Der Konspirationsfaktor steigt rapide, die ersten Sprengsätze werden gebastelt, eine Dohle wird souverän pulverisiert, mit Schafen wird’s dann aber schon schwieriger... Nachdem das erste Opfer des Dschihad durch eine neue, frische Kraft ersetzt wurde, geht’s nun direkt drauf zu: Der London Marathon soll dran glauben, die vier werfen sich in raffinierte Kostüme, um so unerkannt ihre tödliche Botschaft zu platzieren. Allerdings kommt ihnen das eine oder andere dazwischen und so fehlt ihrem explosiven Auftritt am Schluss die rechte Wirkung...
Nach den rasend komischen Vorbereitungen mutiert das Projekt schlussendlich dann doch fast noch zur Tragödie, weil unsere Helden sämtlich dran glauben müssen – doch dann fangen wir wieder an zu denken und merken, halt: Diese Jungs sind zwar mit Leichtigkeit der schrägste Haufen Nerds und Freaks, die seit langem im Kino zu sehen waren, aber sie sind doch nur Terroristen, die was sprengen wollen, ob nun Tiere oder Apotheken oder Moscheen oder das Internet. Fast beginnt man, sie ein wenig lieb zu gewinnen, weil sie in ihrer Einfalt und Verrücktheit niemals wirklich gefährlich oder bedrohlich wirken, sondern immer nur wie kleine Jungs, die Krieg spielen, aber Krieg spielen geht eben nicht und harmlos ist das ganze, wenn man all den Jux mal weglässt, absolut nicht. Hinter dem unnachahmlich britisch schwarzen Humor (und dieses Schwarz ist von der allerdunkelsten Sorte!) liegt eine grimmig bittere Wahrheit, die nur auf den ersten Blick weniger bitter wird, wenn man sie mal kurz durch den sprichwörtlichen Kakao zieht. Die klassische Rechnung von der Banalität des Bösen hat wie immer ihren Reiz, nur weiß man auch, dass das Böse deshalb noch immer ernst genommen werden muss, weil es nämlich nicht weniger fatal ist. Das verliert Chris Morris zu keiner Zeit aus den Augen, und so schwingt bei allem genialen Irrsinn und Spaß tief unten auch der Ernst mit, der Bezug zur Realität muss nicht betont werden, weil ihn jeder von uns eigenständig herstellen kann, und wohl nur Dummköpfe würden diesem Film unterstellen, er nehme den fürchterlichen Terrorismus religiöser Fanatiker auf die leichte Schulter.
Dessen ungeachtet ist dies ein Film zum Totlachen, der sicherlich einzigartig bleiben wird, denn erstens werden sich nicht viele an solch ein Thema heranwagen und zweitens sollte man so was auch wirklich nur machen, wenn man es kann. Und Chris Morris kann es einfach. (2.5.)