Midnight in Paris (#) von Woody Allen. USA, 2010. Owen Wilson, Rachel McAdams, Marion Cotillard, Michael Sheen, Nina Arianda, Corey Stoll, Kathy Bates, Kurt Fuller, Mimi Kenndey, Léa Seydoux, Adrien Brody, Tom Hiddleston, Carla Bruni
Neues von Woody Allen, und einmal mehr ist ihm ein richtig charmantes Sommerfilmchen geglückt, was ich in diesem Falle absolut nicht negativ oder geringschätzend meine! Er schickt sein alter ego (diesmal Owen Wilson als unglücklichen Autor) auf eine amüsante und nostalgische Zeitreise in das Paris seiner Träume, in die Epoche von Fitzgerald, Hemingway, T.S. Eliot, Gertrude Stein, von Picasso und Matisse, der Surrealisten Dalí, Buñuel und Man Ray und so weiter. Er verliebt sich dabei, obgleich selbst verlobt und knapp vor der Heirat stehend, in eine bezaubernde Muse ihrer Tage, die sich aber wiederum nach der Belle Epoque sehnt und überglücklich ist, als den beiden eines nachts der Schritt um weitere fünfundzwanzig Jahre zurück gelingt. Nun hat er aber mittlerweile erkannt, dass ihm nichts anderes übrig bleibt, als sich mit seiner eigenen Zeit zu arrangieren, so öd und mittelmäßig sie auch in vieler Hinsicht sein mag. Also trennt er sich vom süßen Traum, schickt die zickige, dünkelhafte Verlobte auch gleich in die Wüste und bändelt mit einer süßen Pariserin an, die wie er Cole Porter und Paris bei Regen liebt.
Ein ebenso leichtherziges wie gewitztes und intelligentes Vergnügen, das mit liebevoller Ironie reichlich Namedropping betreibt, der Stadt Paris ebenso Reverenz erweist wie den angeblich goldenen Zwanzigern (die die Leute damals angeblich gar nicht so golden fanden) und später ebenso der Belle Epoque, die Zeit vom Can-Can, von Toulouse-Lautrec oder Gauguin. Die Rahmenhandlung, in der unser Held Gil von einer peinlichen Situation zur anderen geschleift wird (die Schwiegereltern verachten ihn und seine Verlobte Inez trifft ausgerechnet in Paris ihren Ex wieder, einen ausgemachten Klugscheißer und Armleuchter), ist nur Staffage, gespickt mit einigen typischen Allen-Bonmots, aber insgesamt wenig Überraschungen. Interessanter sind da Gils Ausflüge in die Vergangenheit, die Allen auch Gelegenheit für witzige und zugleich respektvolle Anspielungen und Insider-Gags geben (so unterbreitet Gil einem zunächst äußerst skeptischen und ratlosen Buñuel zum Beispiel die Idee für seinen „Würgeengel“), und in denen besonders Marion Cotillard ihr betörendes Flair voll zur Entfaltung bringen kann. Manchmal fühlte ich mich an Alan Rudolphs großartigen „The Moderns“ erinnert (damals spielte Linda Fiorentino eine ganz ähnliche Rolle), nur geht Allen mit der Epoche und ihren Protagonisten insgesamt ein wenig leichtherziger und freundlicher um. Sein Film ist eine reine Spielerei, aber eine sehr reizvolle und unterhaltsame, und wenn man seine letzten Werke so betrachtet, kann man doch sagen, das seine Formkurve erfreulich konstant geblieben ist – und dies hoffentlich auch weiter bleibt! (5.9.)