Benvenuti al sud (Willkommen im Süden) von Luca Miniero. Italien, 2010. Claudio Bisio, Alessandro Siani, Angela Finocchiaro, Valentina Lodovini, Naike Rivelli, Nando Paone, Giacomo Rizzo
„Willkommen im Süden“ ist eigentlich nicht mehr als eine zum Teil detailgetreue Kopie von Dany Boons “Sch’ti”-Film von vor drei Jahren, mit dem einzigen, den spezifisch italienischen Verhältnissen geschuldeten Unterschied, dass das Gefälle diesmal in die andere Richtung verläuft, soll heißen, diesmal liegt das Paradies im Norden und die Hölle im Süden, weswegen also der Postbeamte aus dem dünkelhaften Mailand versetzt wird in ein Kaff noch südlich von Neapel, also in Nordafrika. Was er dort erlebt und wie er seine Liebe zum Süden und den Eingeborenen und dem Leben überhaupt entdeckt, entspricht so sehr dem französischen Film, dass die italienische Version im Vergleich schon deshalb verlieren muss, weil sie einfach nicht neu ist, weil sie dem Original nichts hinzufügt und wir fast jede Szene vorhersehen können. Von diesem Standpunkt aus besehen ist mir ziemlich rätselhaft, wer solch einen Film überhaupt braucht und weshalb er entstanden ist – außer um in Italien kräftig Kasse zu machen natürlich.
Dass der Film dennoch einige spaßige Momente aus dem berühmt-berüchtigten italienischen Lokalkolorit schlägt, ist normal, denn die Italiener konnten so was schon immer gut, sich liebevoll über sich selbst lustig machen, und hier wird nichts anderes verlangt als eben das. Hier wird vergnügt und genussvoll mit Klischees hantiert, all die Ressentiments, die die reichen Leute aus dem Norden den armen Leuten aus dem Mezzo Giorno entgegenbringen, werden durch den Kakao gezogen und gekonnt ihrer Dummheit preisgegeben, trotzdem aber ist dies natürlich ein positiver Film, in Film der Versöhnung und der Freundschaft, und so darf unser lombardischer Held seine Lektion lernen und dennoch sein Gesicht wahren, also ein echt netter Kerl bleiben. Dany Boon hat das mustergültig vorgemacht, auch wenn sein Film die eine oder andere Schärfe mehr enthielt und sich im Unterschied zu seinem italienischen Nachfolger ganz entschieden zurückhielt, wenn es um schwelgerische Postkartenmotive geht. Das geht hier eben nicht – Bella Italia wird ausgiebig gefeiert, unser Dorf Castellabate am Golf von Salerno bietet Mittelmeeridylle pur inklusive traumhafter Blicke auf türkisblaues Meer und viele liebenswerte und verschrobene Leute in eng verwinkelten Gässchen. All dies ist wirklich nett anzusehen und wird von gut gelaunten Schauspielern sehr lustig rübergebracht, die Hauptsache jedoch, und auch darin ist die Ähnlichkeit zum Sch’ti-Film zwangsläufig, funktioniert in der Synchronisation nicht, kann nicht funktionieren, denn hier geht’s um Sprache, um Dialekte, um kulturelle Marker, und so was geht nur im Original, und jeder Versuch, die spezifischen Unterschiede in eine andere Sprache zu übertragen, kann höchstens annähernd gelingen. Und da sich die Deutschen nach meiner Erfahrung noch nie mit genialen Synchronfassungen hervorgetan haben, ist das auch diesmal bestenfalls ein geteiltes Vergnügen. Wie schon bei den Sch’tis verflacht der Humor, müssen Kalauer die Feinheiten ersetzen, und so werden italienische Zuschauer an dem Film sicherlich einen ganz anderen Spaß haben als wir, die wir vielleicht erahnen können, mit welchen Schwierigkeiten unser Mann aus Milano dort unten im Süden zu kämpfen hat.
Aber egal, dies ist ein netter Film, amüsant und in hübsche Bilder gewandet, allemal geeignet, einen schmuddeligen Frühlingssonntag angenehm zu gestalten, und mehr muss ja auch nicht immer sein. (15.5.)