Ausgerechnet Sibirien von Ralf Huettner. BRD, 2011. Joachim Król, Vladimir Burlakow, Yulia Men, Michael Degen, Katja Riemann, Armin Rohde

   Der Herr Król schweift mal weder in die Ferne – vor fast fuffzehn Jahren zog’s ihn in den finnischen Norden nach Inari, diesmal verschlägt’s ihn noch weiter fort, ganze sechstausend Kilometer gen Osten nämlich nach Sibirien. Dort, in der Filiale zu Kemerovo genauer gesagt, soll er als Matthias Bleuel die Interessen der Zentrale in Leverkusen vertreten und die allzu laschen russischen Kollegen wieder auf Kurs bringen. Natürlich weiß man gleich, dass alles ganz anders kommen und das etwas geschehen wird, das den spießigen, pedantischen und typisch deutschen Korinthenkacker nachhaltig zum Umdenken bewegt. Er verliebt sich in eine Obertonsängerin, zugleich eine Frau aus der schorischen Urbevölkerung, die sich anschickt, in die Fußstapfen der Frau Mama zu treten und Schamanin zu werden. Und gegen alle Vernunft und die kopfschüttelnden Reaktionen der Mitmenschen, lässt er Haus und Garten Hals über Kopf hinterwegs, folgt der Stimme des Herzens und macht sich daran, seine Zelten im fernen Osten neu aufzuschlagen.

 

   Solche Filme kennt man, sie folgen einem weitgehend berechenbaren Muster, und wenn sie das auf pfiffige Weise tun, finde ich sie auch ganz sympathisch, zumal immer ein Schuss Landeskunde mit im Spiel ist, und das interessiert mich meistens schon. Diesmal ist das ferne Sibirien dran, ein Raum, der in seiner ungeheuren Dimension unmöglich zu erfassen ist (erst recht für uns Europäer), und von dem folglich auch nur ein paar touristische Impressionen bleiben, selten mal ein rascher Blick auf andere Realitäten oder ein Satz des jungen Dolmetschers Artjom, der daran erinnert, dass in dieser Gegend Strafkolonien locker verschwinden können, ohne dass irgendjemand davon erfährt. Von einem tiefergehenden Blick auf Sibirien kann hier dennoch keine Rede sein, auch die üblichen kulturellen Differenzen, die der piefige Ultradeutsche auszustehen hat, dienen bestenfalls der leichten Erheiterung und beschweren sich nicht mit ernsteren Hintergründen. Leidlich unterhaltsam wird die ganze Chose durch das nette Personal, einige originelle Typen und die Gewissheit, dass Król für solche Charaktere einfach der richtige Mann ist mit seiner einzigartigen, leicht verstockten Schwerfälligkeit und seiner tollen Gabe, immer wieder Herz und Menschlichkeit darunter zutage zu fördern. Ein toller Schauspieler halt, der solch einen Film einfach trägt, der sich niemals aufdrängen muss, dessen Präsenz auch so ausreicht, um für hundert Minuten angenehme Unterhaltung zu sorgen, der hier sicherlich auch nicht allzu sehr gefordert wird und eigentlich nur eine aktualisierte Version jenes Charakters darbieten muss, den er uns schon oft präsentiert hat. Drumherum gibt’s einige hübsch exotische Bilder aus diesem irren Land, ein paar kurze Blicke auf einen Volksstamm, von dem ich zuvor noch nie hörte, und eins, zwei ganz amüsante Momente - wie gesagt, alles im Rahmen des Erwartbaren. Für einen lausig kühlen Frühlingsnachmittag ist das okay, für ein nachhaltiges Kinoerlebnis natürlich völlig ungeeignet. (12.5.)