The girl with the dragon tattoo (Verblendung) von David Fincher. USA/Schweden, 2011. Daniel Craig, Rooney Mara, Stellan Skarsgård, Christopher Plummer, Steven Berkoff, Robin Wright, Joely Richardson, Geraldine James, Yorick van Wageningen
Egal, wie man diesen Film für sich genommen beurteilen mag, so ist er zweifelsfrei eines der konzeptionell idiotischsten Hollywoodprojekte aller Zeiten. Die grandiose schwedische Verfilmung, gerade mal zwei Jahre alt, ist allgemein noch in dermaßen starker und nachhaltiger Erinnerung, dass es völlig unmöglich ist, für mich jedenfalls, sich dieses Remake zu diesem absurd frühen Zeitpunkt mit Spannung und Interesse anzusehen. Was sollte daran überraschend sein, was wirklich neu und eigen? Um den ganzen Unsinn die Krone aufzusetzen, hat Fincher sogar noch in Schweden gedreht, statt die Handlung wenigstens in die Staaten zu verfrachten, was meines Erachtens nach problemlos möglich gewesen wäre, und hat so einen kuriosen Zwitter zwischen schwedischen Schauplätzen und englischer Beschriftung produziert. Es ist einfach irgendwie beknackt – ein Regisseur, der solche Stoffe wirklich handeln kann, eine erstklassige Besetzung und natürlich eine furiose Story, nur, dass sie eben vor kurzem schon mal verfilmt wurde und zwar so, das ein Remake fast automatisch dagegen abfallen muss.
Dabei ist der Film an sich gar nicht mal übel. Das Drehbuch folgt dem Roman weitgehend, macht hier den einen oder anderen Schlenker (ohne das mir der Sinn einleuchtete), versteht es allerdings weniger gut als der schwedische Vorgänger, die etwas zu langatmig ausufernden Exkurse Larssons gegen Ende des Romans sinnvoll zu verknappen. Sodass nach dem Horror-Showdown im Keller des monströsen Frauenmörders diesmal ein noch viel längerer (und langweiligerer) Nachschlag erfolgt, in dem Lisbeth den fiesen Wennerström finanziell so richtig ausnimmt und Blomkvist seine Rache kriegt. Davor gibt es nur geringfügige und nicht wirklich bedeutsame Verschiebungen im Vergleich zur Konkurrenz (die im schwedischen Film verschwundene Tochter Mikaels taucht hier wieder auf und liefert den entscheidenden Hinweis auf die Mordserie, dafür findet Mikael Harriet diesmal in London statt in Australien), sodass man unmöglich behaupten könnte, der Film setze ganz eigene und neue Akzente. Denn das tut er meiner Meinung nach absolut nicht. Er erzählt die epische, fulminant konstruierte Geschichte spannend, intensiv und mit der gebührenden Ausführlichkeit, doch wirken im Vergleich zum Schweden manche Figuren ein wenig unschärfer oder matter, was weniger an den durchweg guten Darstellern als vielmehr an der etwas weniger zugespitzten Regie liegt. Craig ist ein absolut gleichwertiger Blomkvsit, Rooney Mara hat natürlich einen schweren Vergleich auszuhalten, gibt der Lisbeth Salander aber dennoch ein überzeugendes eigenes Gesicht, und Skarsgård ist erwartungsgemäß ein erstklassiger Bösewicht und dem von Peter Haber völlig ebenbürtig. Ich glaube, Fincher hätte daheim in den USA filmen sollen, statt vergeblich zu versuchen, dieser Sache in der Fremde irgendwie einen eigenen Dreh zu geben. Ihm ist fraglos ein kompetenter Thriller gelungen, dessen Komponenten eine eigene, neue Story verdient gehabt hätten, doch der Sinn dieses Vorhabens will sich mir auch nach intensivem Nachdenken einfach nicht erschließen. (17.1.)