Young Adult von Jason Reitman. USA, 2011. Charlize Theron, Patton Oswalt, Patrick Wilson, Elizabeth Reaser, Collette Wolfe, Hettienne Park

   Für solche Ladies wurde das Kosewort “bitch” erfunden – Mavis ist ein waschechtes blondes Gift, Ende dreißig, geschieden, Autorin einer zunehmend erfolglosen Kinderbuchserie, lebt stolz in Minneapolis und springt doch sofort an, als sie im Internet von ihrer großen Jugendliebe Buddy liest, der gerade sein erstes Kind gekriegt hat und nun daheim in Mercury, Minnesota zur Pipiparty einlädt (oder wie man solch unsägliche Events nennt...). Mavis, egozentrisch und missgünstig wie sie ist, setzt sich in den Kopf, ihren Ex-Lover für sich zurückzugewinnen, koste es was es wolle, und gegen jede Wahrscheinlichkeit und Moral. Sie fährt zurück an die Orte ihrer Siege und Niederlagen, eine aufgebrezelte, leicht ramponierte Stadtzicke, die eindeutig nicht mehr in die Provinz passt, aber auch sonst nirgendwohin. Natürlich scheitert ihr ehrgeiziges Unternehmen mit Pauken und Trompeten, und mit buchstäblich zerbeulter Schnauze muss sie den Rückweg antreten, wobei ihre trübsinnige Miene keineswegs die euphorische Perspektive ihrer Romanheldin reflektiert: Fiktion und das wahre Leben klaffen bei ihr besonders krass auseinander.

 

   „Juno“-Autorin Diablo Cody frönt hier ihrer offenbar ganz besonderen Stärke, inszeniert eine Tragikomödie abseits der Big City Lights, geht im Gegenteil zurück ins Amerika der Normalos, der Provinzler und Kleinbürger, aus Mavis’ Sicht der Spießer und Langweiler, die sich an ihrem kleinen Glück erfreuen, ihre Kinder verhätscheln und all ihre Lebensträume längst irgendwo begraben haben. Diesen Hochmut trägt sie wie eine Flagge vor sich her, weswegen sie daheim natürlich sofort auf Ablehnung und Feindseligkeit stößt, und sie tut was sie kann, um alle Vorurteile gegen Schlampen zu bestätigen. Das zumindest in Bezug auf die Dialoge brillante Drehbuch wandert rasant zwischen bissigem Humor, ironischen Seitenhieben gegen uramerikanische Lebensart zwischen Countrysaloon, Schönheitslabor und steriler Eigenheimidylle und einem Frauenporträt, das man so selten gesehen hat in Hollywood. Charlize Theron legt eine wahrlich virtuose Performance hin und versenkt sich voll und ganz in einen denkbar widersprüchlichen, kontroversen, sperrigen und vielfach unsympathischen Charakter, der die Zuschauer durch ein echtes Wechselbad der Gefühle schickt, weil man ihn durchaus nicht nur ablehnt, sondern ihn manchmal auch versteht. Hinter der coolen, sexy Fassade wartet eine ganz durchschnittliche Kleinstadtneurotikerin mit verquerem Körpergefühl, flüchtigen One-night-stands, zuviel Alkohol, neurotischem Kuschelköter, nervösem Haarzupfen und einem Elternhaus, dessen klaustrophobische Gemütlichkeit sich sofort auf uns überträgt. Und so ist sie mal ein ätzendes Miststück, das den anderen ihr Glück nicht gönnt, auch wenn es noch so spießig sein mag, und mal eine frustrierte und im Grunde einsame Frau, die ihren biederen Highschoolfreund idolisiert, sich in pubertäre Verhaltensmuster oder gleich ganz in die verkitschte, irreale Teeniemädchenwelt ihrer Romane flüchtet, weil sie ihren Alltag ansonsten kaum noch bewältigt kriegt, zumindest nicht in nüchternem Zustand, und die in dem Außenseiter Matt einen ebenso kritischen wie gnadenlosen Gefährten findet, der sie leider nicht vor dem ganz großen peinlichen Auftritt bewahren kann. Mavis Gary ist eine Art große fiese Schwester von Juno, mal mädchenhaft bockig, mal mondäner Vamp und mal berechnendes Biest, und Theron kriegt diese Transformationen großartig auf die Reihe, zeigt immer auch die Schicht hinter dem äußeren Schein und schafft somit eine Hauptfigur, die man wirklich nicht so schnell vergisst, auch wenn der Film im ganzen durchaus kein Schwergewicht ist und sein will. Wie in „Juno“ oder „Up in the air“ verknüpft Reitman sehr gekonnt Ernstes und Komödiantisches und liefert einen Film, der gleichzeitig bestens unterhält und dennoch auch Substanz hat, ganz in der Art guter amerikanischer Romane, an die der Film auch vielfach erinnert. Es wäre schön, wenn Reitman sich diese Perspektive abseits der Hauptstraße bewahren könnte, denn das Kino da drüben braucht dringend ein paar originelle Stimmen und Köpfe. (28.2.)