Der Medicus von Philip Stölzl. BRD, 2013. Tom Payne, Ben Kingsley, Emma Rigby, Olivier Martinez, Stellan Skarsgård, Elyas M’Barek, Fahri Yardim, Makram Khoury

    Ich geb’s zu, ich pfeif auf Noah Gordons Millionenseller, hab ihn nie gelesen und werd’s auch nie tun, daran hat dieser Film erst recht nichts geändert. Nicht, dass ich irgendwas in der Art erwartet hatte – im Gegenteil, Stölzls Leinwandadaption hat ganz genau meine Erwartungen erfüllt. Dies ist lupenreines Hollywoodkintopp made in Germany, höchstens für jene überraschend, die uns Teutonen so was nicht zugetraut hätten, aber was man heute mit viel Geld und Technik alles wuppen kann, sieht man hier. Zweieinhalb Stunden die volle Kelle auf die Breitwand, ein richtiges Weihnachtsfilmchen für die trüben Nachmittage, und wenn überhaupt, dann muss man so was einfach im Kino sehen, denn sonst geht mindestens die Hälfte der Schauwerte verschütt. Ein Epos über Medizin und Mittelalter und Liebe und Religionshass zwischen dem grau verpissten Britannien anno tausendsoundso und dem prächtigen Orient, in dem Kultur und Forschung zu voller Blüte entfaltet sind. Zwischen Liebesdrama, Judenpogromen, Hasspredigern und der Eroberung Isfahans durch den finsteren Kriegerstamm der Seldschuken erprobt unser schmelzäugiger englischer Held (der sein Christentum durch eine wahrhaft heroische Selbstverstümmelung zu kaschieren sucht) ganz neuartige OP-Methoden am offenen Bauch aus und revolutioniert damit so ganz nebenbei eine komplette Wissenschaft. Zur Strafe allerdings für seinen Frevel wider die Lehren Allahs muss er zurück in das grau verpisste Britannien und das auch noch in Begleitung einer todlangweiligen Brünetten, in die er sich unglücklicherweise verguckt hat.

 

   Also, für diese Rolle hätte man statt eines total faden Teeniehäschens unbedingt irgendeine Orientschönheit mit Ausstrahlung nehmen müssen, so kommt zwischen den beiden Liebenden gar keine Chemie zustande, denn was die mehr als drögen Dialoge nicht hergeben, müsste sich ja irgendwie physisch abbilden. Emma Rigby ist aber auch der einzige gewichtige Fehlgriff in Sachen Besetzung, denn die übrigen Darsteller machen ihre Sache wirklich ordentlich, vor allem Kingsley und Skarsgård vermögen dem ganzen eine gehörige Portion internationaler Klasse zu verleihen. Ansonsten ist dies eine durch und durch professionelle Produktion, in imposanten Großbildern sehr effektvoll gefilmt und über die volle Distanz eigentlich auch nie langweilig. Was will man mehr von solch einem Film? Dass es auf politischer Ebene möglicherweise Grund zum Stirnrunzeln gäbe, dass beispielsweise unsere islamischen Freunde nicht gerade besonders differenziert als die grimmigen Bösewichter hingestellt werden und überhaupt auf breiter Ebene eine reichlich holzschnittartige Charakterzeichnung festzustellen ist, alles gut und richtig, keine Frage, aber meine Herrn, man wird doch solch einen Schinken nicht noch ernst nehmen wollen...? (27.12.)