Les beaux jours (Die schönen Tage) von Marion Vernoux. Frankreich, 2013. Fanny Ardant, Patrick Chesnais, Laurent Lafitte, Jean-François Stévenin, Fanny Cottençon, Catherine Lachens, Marie Rivière
Sechzigjährige frisch zurückgetretene Zahnärztin, Ehefrau, Mutter kriegt von ihren Töchtern, die es nur gut mit ihr meinen und möchten, dass sie auf ihre alten Tage auch was um die Hände hat, einen Schnupperkurs im Programm „les beaux jours“ geschenkt. Dort lernt sie einen Mann im Alter ihrer Töchter kennen und beginnt eine Affäre mit ihm. Diese endet kurz vor dem ganz großen Ausbruch, weil ihr eigentlich längst klar ist, dass er es nie so ernst meinen würde wie sie. Am Schluss hat sich auch ihr Gatte den „Beaux Jours“ angeschlossen und gemeinsam badet die ganze Horde mehr oder weniger bekleidet in der Nordsee.
Ich finde, die Für und Wider dieses Films liegen hübsch klar auf der Hand:
Pluspunkte: Die Präsenz Fanny Ardants, natürlich, denn nach wie vor ist es ein Genuss, ihr zuzusehen, nach wie vor hat sie sich jene spezielle Mischung aus verspieltem, lockenden Charme und dunkler Widerborstigkeit erhalten, die ihre Persönlichkeit seit jeher ausgemacht hat. Patrick Chesnais wäre auch zu erwähnen, denn er ist ein wunderbar realistischer Ehepartner, garantiert der Alptraum aller Frauen, die vor nichts so sehr Angst haben wie davor, dass eine Beziehung sanft entschläft. Kein unsympathischer oder übler Kerl, im Gegenteil, aber halt ein typischer Mann, der langsam aber sicher aus dem Blick verloren hat, was seine Frau sich wünscht. Ein weiterer Pluspunkt sind die sehr schön atmosphärischen Bilder aus einem windig-verregneten Nord-Pas-de-Calais, irgendwo bei Dunkerque schätze ich, den grässlichen Industriehalden im Hintergrund nach, die einen stimmungsvoll-tristen Hintergrund abgeben und die Geschichte schön einrahmen.
Minuspunkte: Die Story an sich ist absolut nicht neu, ist sehr klar vorhersehbar und entbehrt in der Regie von Marion Vernoux fast jeglicher Originalität. Das einzig Interessante, das Beschäftigungsprogramm für ältere Menschen, die gern einen neuen Sinn im Leben finden würden, wird wie vieles andere etwas zu oberflächlich abgehandelt. Das trifft auf den Film insgesamt zu, mit der Ausnahme des Ehepaares Caroline und Philippe, doch vor allem Carolines Verhältnis zu ihren Töchtern bleibt genau so unscharf, wie die Figur Juliens, der als netter aber unsensibler Womanizer rüberkommt, der natürlich überhaupt keinen Schimmer von der Befindlichkeit seiner deutlich älteren Geliebten hat.
Diese Minuspunkte haben dafür gesorgt, dass ich dem Film letztlich nur mit halber Aufmerksamkeit folgen konnte. Es reicht weder zu einer handfesten Komödie noch zu einer ernsthaften Betrachtung über Liebe im Alter oder ähnliches. Für einen typisch französischen Wohlfühlfilm ist Vernoux’ ein kleines Stück zu spröde (das an sich wäre ja schon wieder ein Pluspunkt), aber irgendwie gelingt es ihr auch nicht, der ganzen Sache etwas mehr Substanz zu geben. Ihr Versuch, sich dem kargen und wenig einladenden französischen Norden anzupassen, sind im Vergleich zu anderen Filmen aus der Region nicht sonderlich überzeugend. Alles in allem bleibt für mich nichts Halbes und nichts Ganzes, ein „ganz netter“ Kinoabend vielleicht, aber das kann ja manchmal auch ein ganz schön böses Urteil sein... (25.9.)