Elysium von Neill Blomkamp. USA, 2012. Matt Damon, Alice Braga, Jodie Foster, Sharlto Copley, Diego Luna, Wagno Moura

   Ich musste sofort an „District 9“ denken, Blomkamps südafrikanisches Langfilmdebut, das ganz ähnlich funktioniert: Eine faszinierende Grundidee, eine Art satirische, grimmig schwarze Dystopie, die jede Menge Substanz für eine giftige Parabel auf Rassismus, Erste und Dritte Welt und einiges mehr hergibt. Und die dann langsam aber sicher absäuft in einer einzigen gigantischen Effektorgie, die in diesem Fall, da Blomkamp nun in Hollywood produziert hat, natürlich noch um einiges gigantischer ausgefallen ist und die erwähnte Substanz noch viel gründlicher zugeschüttet hat. Und genau wie bei „Disctrict 9“ finde ich das jammerschade, denn Blomkamp hat ein echtes Händchen für starke, griffige Bilder – die endlosen Slums des übervölkerten, in Müll und Kriminalität und Armut erstickten Los Angeles wirken ebenso nachhaltig erschreckend wie die Vision des Luxustrabanten Elysium, den die Reichsten der Reichen sich dort oben im All errichtet haben, wo alles sauber und gesund und wohlhabend ist, und von wo man immer jederzeit rasch runter auf die Erde fliegen, ein paar schnelle Geschäfte machen und den Planeten weiter ausplündern kann. Jeder Versuch der einfachen Erdbewohner, dort oben zu landen, wird rigoros abgewehrt, und so ist Elysium eine Art Fata Morgana, die zynisch in Sichtweise und gleichermaßen unerreichbar wie eine Art künstlicher Mond im Himmel hängt, Sinnbild für ein Leben im Wohlstand, von dem man unten auf der Erde träumt, das einem aber für immer verwehrt bleiben wird, und das nicht in erster Linie aufgrund des maßlosen Reichtums so begehrt ist, sondern vor allem wegen der Wunderheilmaschinen, die es dort in jedem Haushalt gibt und die scheinbar jede Krankheit im Nu kurieren können, allerdings nur bei registrierten Bürgern Elysiums. Hier entstehen die Begehrlichkeiten, und als ein Mann eine tödliche Strahlendosis abkriegt und eine Frau, just die Jugendliebe des Herrn, verzweifelt ihr leukämiekrankes Mädchen retten will, geht die Geschichte erst so richtig los.

 

   Alles gut soweit, und dass solch ein Film auch einen Helden braucht, wenn auch einen arg gebeutelten und gebrochenen wie hier, und ein paar Bösewichter und eine schöne Frau für die Restästhetik, sei unbenommen. Das ist alles in allem auch ganz gut gelungen: Matt Damon erinnert sich an seine Qualitäten als Actionstar aus den Bourne-Filmen und gibt zur Abwechslung mal wieder einen kernigen Kerl ab, Alice Braga ist ein toller Hingucker mit viel Schmelz im Blick, Jodie Foster die kühle, glatte Antipode dazu, und Sharlto Copley gibt einen absolut hinreißend sadistischen Gewaltjunkie, den man sich gemeiner gar nicht wünschen kann. Und dasses es natürlich auch eine zünftige Ladung Action und Effekte geben muss, versteht sich von selbst, wenn man solch eine Story unters Volk bringen will. Dass Blomkamp zumindest in der zweiten Hälfte aber nur noch auf Pomp und Getöse setzt und all die vielen interessanten Ansätze und Möglichkeiten schlichtweg verschenkt, ist für mich erstens unverständlich und zweitens sehr bedauerlich. Da gibt es einige Filme, die Kommerz deutlich geschickter mit Anspruch verknüpfen und weder das eine noch das andere aus den Augen verlieren. Blomkamp misslingt dies, er inszeniert einen einseitigen und für mich auf Dauer ermüdenden Geschwindigkeitsrausch, in dem sich die Darsteller zwar durchaus behaupten können, nicht aber die Story, die ganz klar hinten ansteht, wenn erst mal die großen Knarren und die Raumschiffe ausgepackt werden. Das Happy End, das mit dem Opfer unseres Helden teuer bezahlt wird, kommt einem dann nur noch doof und irgendwie egal vor, ich jedenfalls hatte längst abgeschaltet und aufgehört, mich für Elysium als Abbild der reichen Welt zu interessieren, die auf Kosten der armen existiert, wahrscheinlich, weil auch Blomkamp damit aufgehört und sich stattdessen darauf beschränkt hat, im Stil eines großen Blockbusters aufzutrumpfen. Meine Begleiterin murmelte zwischendurch mal was von „typischem Männerfilm“ – und wahrscheinlich hat sie recht. Kein Kompliment, will mir scheinen. Und was Blomkamp angeht schon die zweite vertane Chance. Ob ich ihm noch eine dritte gebe, weiß ich noch nicht. (13.9.)