Gloria von Sebastián Lelio. Chile/Spanien, 2012. Paulina Garcia, Sergio Hernández, Diego Fontecilla, Fabiola Zamora, Coca Guazzini, Hugo Moraga

   Was ist das bloß mit den südamerikanischen Filmen und mir – irgendwie kommen wir nicht zueinander. Wie oft hab ich das nun schon erlebt – gute Geschichte, interessante Charaktere, und die Schauplätze sowieso, und dann springt der Funke einfach nicht über.

   Genau wie hier: Geschiedene Frau und Mutter in den späten Fünfzigern versucht, noch was vom Leben zu haben, geht tanzen und flirten, lernt einen Mann in ähnlichen Lebensumständen kennen, es geht schnell ins Bett und er schwärmt ihr sonst was vor, dann aber entzieht er sich immer wieder ganz merkwürdig und scheint auch zu seinen beiden erwachsenen Töchtern eine merkwürdige Bindung zu haben. Gloria, die selbst ständig um einen guten Kontakt zu ihren Kindern ringen muss, macht das einige Zeit lang mit, dann lässt sie sich nicht länger verschaukeln, knallt ihm ein paar Paintballs auf den Latz und geht wieder ihrer eigenen Wege.

 

   Alles wie immer: Eine alltags- und lebensnahe Frauengeschichte aus Chile, einem Land, von dem man im Kino nicht allzu häufig hört, eine tolle, vitale, originelle Protagonistin, eine Schauspielerin, die buchstäblich alles hergibt und die völlig zurecht den Preis in Berlin abgeräumt hat, und sogar ein Häppchen Politik, wenn man nämlich von der allgemeinen Unzufriedenheit der Leute hört und sieht, die nicht länger darauf warten können, dass sich Chile vielleicht irgendwann vom Joch der Diktatur befreit und wirklich mal Politiker ans Ruder kommen, die eine funktionierende Demokratie auf die Beine kriegen. Dazu ein Regisseur, der ganz offensichtlich überhaupt nicht daran interessiert ist, aus alledem eine gefällige Wohlfühlseifenoper nach mittlerweile weltweit etabliertem Muster zu stricken. Alles gut also – oder?  Leider nicht, denn nach cirka einer Stunde fand ich mich im Kinosessel leicht gelangweilt und unberührt wieder. Die Story zieht sich, die spröden, kargen Bilder und die spröde, karge Regie dringen irgendwie nicht zu mir durch. Allein Paulina Garcia als Gloria hinterlässt einen wahrhaft bleibenden Eindruck, und es gibt schon ein paar fröstelig realistische Szenen aus ganz normalen Patchworkfamilien, die versuchen, wenigstens an Geburtstag so etwas wie eine Zusammengehörigkeit herzustellen. Zwischendurch kurze Alltagsimpressionen zwischen Büro und Disco, dann die erotische Eskapade mit Señor Rodolfo, der mal den glühenden Liebhaber gibt und sich dann ganz plötzlich aus dem Staub macht, ohne Erklärung oder Nachricht. Da Gloria kein kleines Mädchen mehr ist, ahnt sie schon, dass er nicht mit offenen Karten spielt, andererseits lässt sie sich immer wieder von ihrer Sehnsucht und seinem Werben einfangen, bis halt irgendwann der Ofen aus ist. Ich für meinen Teil war nicht in der Lage, zu dem Geschehen auf Dauer eine wirkliche Beziehung herzustellen, der Film ist ein bisschen fern von mir abgelaufen, selbst wenn manche Szenen durchaus trifft und auch weh tut und selbst wenn sich die Story ohne Probleme auf jeden anderen Erdteil übertragen lässt. Vielleicht sind wir schon so konditioniert, dass wir immer ein wenig vorgefertigte Emotionen erwarten und mit einem eher kommentarlosen Film wie diesem nicht soviel anfangen können - ich sehe mich aber nicht so, habe schon zig viel sperrigere Sachen gesehen, die mich trotzdem bewegt und berührt haben, und muss einfach feststellen, dass „Gloria“ das nicht geschafft hat. Ist ja letztlich auch wurscht, woran oder an wem es liegt. (17.8.)