Mama von Andrés Muschietti. Kanada/Spanien, 2013. Jessica Chastain, Nikolaj Coster-Waldau, Megan Charpentier, Isabelle Nélisse, Daniel Kash
Ab und an zwickt’s mich mal und ich seh mir gern einen zünftigen Gruselfilm an, vor allem, wenn spanische Wertarbeit versprochen wird. Der Name Guillermo del Toros als Produzent lockt und weckt allerhand Erwartungen, die der Film dann leider nicht zu erfüllen vermag, denn mehr als ein konventionelles und sehr vorhersehbares Schauermärchen ist dabei nicht herausgekommen. Das liegt in erster Linie daran, dass der Autor/Regisseur seiner eigenen Geschichte vielleicht nicht so ganz getraut hat und mit allem und jedem viel zu eilig und früh rüberkommt, statt wirklich mal eine Atmosphäre geheimnisvoller Unruhe entstehen zu lassen, auf die sich die Spanier sonst so gut verstehen.
Gelegenheiten dazu hätte auch hier reichlich gegeben, wie zum Beispiel schon die Ausgangsidee der beiden nach fünf Jahren wieder gefundenen Mädchen, die sich nach dieser langen, völlig isolierten Zeit in einer einsamen Waldhütte zu tierähnlichen Wesen entwickelt haben. Wie glaubwürdig es ist, dass sie fünf Jahre lang unentdeckt geblieben sein konnten, ist eine andere Frage, aber die soll man bei Horrorfilmen ja möglichst erst gar nicht stellen. Mach ich auch nicht. Man hat also zwei Mädchen, halb verwildert, fast stumm und offenbar schwer traumatisiert, und von diesem Punkt an hätte die Geschichte manche Richtungen einschlagen können. Regisseur Muschietti entscheidet sich leider dafür, die Richtung allzu schnell vorzugeben, statt uns erst mal eine längere Zeit im Ungewissen zu lassen. Bald wird klar, es geht um einen Fluch, um eine ruhelose, gequälte, suchende Seele, die sich leider im engeren Kontakt als ziemlich ruppig und ungnädig erweist. Der Geist einer vor mehr als hundert Jahren zu Tode gestürzten Mutter, die zusammen mit ihrem Kind auf der Flucht vor bösen Leuten war, die ihr das Kind wieder entreißen wollten, scheint aus einem gotischen Gruselroman entnommen zu sein. Hätte ich auch noch geschluckt, wenn der Rest des Films dazu gepasst hätte, tut er aber nicht, weil er ansonsten durch und durch modern und im Hier und Jetzt angesiedelt ist. Das ziemlich melodramatische und mit mystischen Elementen aufgetakelte Finale passt ebenfalls nicht in den Film und macht deutlich, das die Konstruktion der Story in sich nicht wirklich rund und überzeugend ist. Noch weniger überzeugend ist die Schockstrategie, die dermaßen berechenbar ist, dass sogar unerfahrene Horrorglotzer so wie ich immer schon einen Moment vorher wissen, wann die nächste Schrecksekunde ins Haus steht, zumal diese immer auf die gleiche Weise ins Bild gesetzt werden. Angenehmerweise verzichtet der Film auf gröbere Gewalt, was ich ja ziemlich wohltuend finde, dennoch ist diese Masche zu deutlich bei Filmen wie „Die Frau in Schwarz“ abgekupfert, der das zudem viel besser gemacht hat. So kommt es, dass sich nach nicht allzu langer Zeit eine gewisser Routine und Monotonie einstellt, aus der es auch kein Entkommen mehr gibt, da das Drehbuch keine bahnbrechenden Einfälle mehr zu präsentieren weiß. Die Geschichte der tragisch verunfallten jungen Mutter wird sauber recherchiert, einige Nebenfiguren fallen dem bösen Rachegeist zum Opfer, eines der beiden Mädchen wendet sich dann aber doch halbwegs der Gegenwart und ihrer neuen Familie zu, und dann wissen wir auch schon ungefähr, wie es weiter gehen wird. Die Schauspieler sind okay, vor allem die beiden Mädchen, filmisch aber bietet „Mama“ auf ganzer Linie nicht mehr als die sonst gängige Ware von heute, und wenn ich das nächste Mal den Namen del Toros lese, möchte ich doch wieder etwas Außergewöhnlicheres zu sehen bekommen. (25.4.)