A late quartet (Saiten des Lebens) von Yaron Zilberman. USA, 2012. Philip Seymour Hoffman, Catherine Keener, Mark Ivanir, Christopher Walken, Imogen Poots, Wallace Shawn
Eigentlich eher ein Film für die kurzen, dunklen Tage: Ein richtig klassisches, altmodisches Künstlerdrama, sehr schön und in klaren, ruhigen Bildern aufgenommen im winterlichen New York, getragen von exquisiten Schauspielern, einem gediegenen Drehbuch und natürlich feinster Streichermusik von Beethoven über Haydn zu Bach und anderen (der Beitrag des Herrn Badalamenti ist dagegen glatt nebensächlich...).
Ein seit Jahrzehnten perfekt aufeinander eingespieltes und abgestimmtes Quartett droht zu zerbrechen an Alter und Krankheit, vor allem aber an allerhand zutage tretenden, seit langem bereits unterdrückt schwelenden Konflikten. Es geht um Konkurrenz, Verletzungen, Rivalitäten, die stets im Interesse der Kunst und der Gruppe hintan gestellt worden waren, und nun hervorbrechen, als das Ehepaar im Quartett vor der Trennung steht und deren Tochter ausgerechnet mit dem ersten Geigenmann ein Verhältnis anfängt. Bei einem letzten, nur unter großen internen Spannungen ermöglichten öffentlichen Auftritt erklärt der Cellomann, der älteste der Runde, der zudem vor kurzem seine Frau verloren hat, seinen Rückzug und führt zugleich seine Nachfolgerin ein, womit er der Zukunft des Quartetts den Weg ebnet. Hinzu kommt, dass die drei anderen offenbar bereit sind, ihre Differenzen beizulegen.
Für einen seichten Wohlfühlstreifen ist dieser Film eindeutig zu still und ernst, für eine komplexe Tiefenbohrung allerdings auch wieder ein bisschen zu oberflächlich, weshalb er sich dann ein wenig unentschlossen irgendwo in der Mitte einpendelt, immerhin aber mit einigen sehr stark gespielten Duetten und auch Trios aufwarten kann. Das Ganze sieht ein wenig theaterhaft aus, die wenigen Außenszenen ließen sich leicht nach innen verlegen, und es geht im wesentlichen darum, in ausgefeilten Dialogsequenzen die verschiedenen Konfliktfronten klarzustellen. Das klappt vor allem dank der wie schon gesagt vorzüglichen Schauspieler, denen es sogar gelingt, die ab und zu recht überladene Konstruktion abzufedern und dafür zu sorgen, dass die diversen Handlungsstränge nicht gar zu klischeehaft wirken. Eine weniger hätte dem Film aber dennoch nicht geschadet. So kommt es leider, dass der an Parkinson erkrankte Cellist mit zunehmender Dauer immer stärker ins Hintertreffen gerät und das Duell der drei Violinen den größten Raum einnimmt (inklusive erotischer, aber irgendwie auch unglaubwürdiger Abenteuer mit dem Nachwuchs...). Was die Dramaturgie angeht, fehlt dem Drehbuch deutlich die ideale Balance, dafür macht die ruhige, sichere Regie einiges wett, und es gibt ein paar feine Augenblicke, in denen die heilende, versöhnende Kraft der Musik wirklich spürbar und erlebbar wird. Insgesamt würde ich den Film aber doch in die große Schublade der Kategorie „Kann man sehen, muss man aber nicht“ einsortieren. Oder wie drückt man sich heutzutage unter smarten Geschäftsleuten aus: Nice to have. (7.5.)