Side Effects von Steven Soderbergh. USA, 2013. Jude Law, Rooney Mara, Catherine Zeta-Jones, Channing Tatum, Vinessa Shaw, Polly Draper, Ann Dowd

   Upps, das geht ja direkt zu wie in der Achterbahn in Meister Soderberghs erklärtermaßen letztem Kinofilm. Erst wähnt man sich in einem trüben Psychodrama, dann in einem Reißer über pharmazeutische Experimente in Missbräuche, und nachdem es dann noch um ein paar Ecken mehr gegangen ist, kapiert man endlich, dass all dies gar nicht mehr ist als ein fieser kleiner Thriller über fiese kleine Intrigen von fiesen kleinen Frauen, die aber leider nicht durchkommen damit, weil nämlich ihr auserkorenes Opfer, ein New Yorker Psychiater, auch nicht auf den Kopf gefallen ist und sich schlussendlich zu wehren weiß. Festzuhalten bleibt aber dennoch, dass hier nicht unbedingt das Gute siegt, sondern lediglich derjenige, der am effektivsten zu intrigieren versteht, und so landet die eine fiese Tussi im Knast, die andere in der Klapse, und der smarte Knabe kommt sauber aus der Sache raus. Mögen tun wir ihn deswegen nicht unbedingt, denn es bleibt schon der hässliche Eindruck, dass er am Ende einfach nur der allerfieseste und abgezockteste von den drei Spielern war (die von Jude Law, Rooney Mara und Catherine Zeta-Jones übrigens kongenial verkörpert werden).

   Die Taktik des Drehbuchs besteht darin, bis kurz vor Schluss laufende falsche Spuren auszuwerfen und uns arme Zuschauer dann ein paar Minuten später schon wieder aus eine andere Fährte zu schicken, bis wir immer misstrauischer werden und schließlich gar nicht mehr wissen, wem oder was wir noch glauben können. Das hat Methode, und Soderbergh zieht das Konzept sauber durch, wobei er natürlich kein Regisseur ist, der sich etwa mit einem Hitchcock vergleichen ließe, auch wenn das in sehr vielen Kritiken praktiziert wurde. Soderberghs Stil ist hip und smart, er erzählt praktisch ausdruckslos, gönnt sich schon die eine oder andere Eskalation, bleibt aber letztlich immer auf Distanz und schaut den drei Kontrahenten amüsiert beim Fadenspinnen zu. Wie gewohnt kann er ganz auf irgendwelche lauten Effekte verzichten, auch darin ist er cool, und wie gewohnt ist auch dieser Film irgendwie nicht wahnsinnig aufregend oder geht uns total nahe, er unterhält sehr gut und clever, er ist recht geistreich und hübsch vertrackt konstruiert, aber eben eher als Spiel denn als tief gehendes Drama. Es gelingt Soderbergh perfekt, von dem jeweils eingeschlagenen Pfad abzubiegen, und jedes Mal wenn wir zu wissen glauben, worauf das jetzt hinauslaufen wird, dreht er uns eine lange Nase und variiert auch das Täter-Opfer-Schema ständig, bis die Trennlinien zwischen beiden total zerlaufen und auch keine Relevanz mehr haben, weil in diesem Spiel jeder mal das eine und das andere sein wird.

 

   Auf diesem Gebiet, also dem der bereits angesprochenen geistreichen Unterhaltung, hat Soderbergh uns im Lauf der Zeit etliche Leckerbissen serviert, und es wäre auch ziemlich ungerecht, ihn als seicht, selbstgefällig oder oberflächlich abzukanzeln. Wer aber von ihm noch mal Schwergewichte im Stile von „Traffic“ erwartet hatte, wird vielleicht enttäuscht sein von dieser Richtung, die er schon vor Jahren einschlug und der er konsequent folgte, höchstens noch mit der Ausnahme der beiden Che-Filme. Ich kann sagen, dass ich jeden der fünfzehn Filme, die ich von ihm kenne, gern und mehrheitlich sogar sehr gern gesehen habe, stelle aber gleichzeitig fest, dass nur einige wenige in den jeweiligen Bestenlisten ihres Jahrgangs gelandet sind. Und das hat ja auch etwas zu bedeuten... (5.5.)