The Bling Ring von Sofia Coppola. USA, 2013. Katie Chang, Israel Broussard, Emma Watson, Taissa Farmiga, Claire Julien
Eine wahre Geschichte, wie sie sich überhaupt nur in einem Land zutragen kann. Fünf Jugendliche steigen Ende des letzten Jahrzehnts serienmäßig in die Behausungen verschiedener L.A.-Promis ein und räumen Klamotten, Schmuck und sonstige Devotionalien im Wert von mehreren Millionen Dollar ab. Irgendwann ist dann der Spuk vorbei, sie werden geschnappt und teilweise zu empfindlichen Freiheitsstrafen verurteilt.
Und Miss Coppola hat daraus einen ihrer typisch eigenartigen Filme gemacht und den fünf Kids mit einer Mischung aus Erstaunen, leiser Melancholie und Befremden zugesehen. Besonders letzterem schließe ich mich gern an, denn natürlich ist dies eine völlig andere Welt, die sich uns hier präsentiert, eine Welt, deren logisches und zugleich pervertiertes Produkt diese Kids sind, reicher, verwöhnte, gelangweilte, innerlich komplett leere, koksschniefende Partypeople, die sich strikt an den amerikanischen Traum vom kurzen Ruhm orientieren und lieber für eine Sekunde im hellen Rampenlicht stehen als ein ganzes Leben in matter Anonymität zu vegetieren. Hinzu kommt der groteske Promikult, der längst auch unsere Breitengrade erfasst hat und vor nichts und niemandem Halt macht, gepaart mit einer gehäuften Löffelspitze Adrenalinsucht und der kollektiven Unfähigkeit, die möglichen Folgen des kriminellen Treibens abzusehen. Die fünf haben einfach Spaß, sonnen sich in der zunehmenden Publicity, denn von der Popularität ihrer Opfer fällt natürlich auch ein Häufchen für sie ab, und wenn schon ein Blatt wie Vanity Fair an ihrer Story interessiert ist, ist auch klar, dass eine Verurteilung und ein Gefängnisaufenthalt noch lange kein Hindernis für eine erfolgreiche Website und eine gut verkaufte Autobiografie sind. Im Zeitalter von Facebook und totaler medialer Öffentlichkeit haben sich die Maßstäbe längst verschoben, für eine Gruppe leicht hohler Kinder aus besseren Häusern sowieso.
Sofia Coppola geht so dezent vor wie gewohnt, sie meidet konsequent auch diesmal laute, schrille Töne, die die Story durchaus hergibt, sie spielt mit den Oberflächenreizen des mondänen Milieus der Hügel um L.A. und der brausenden Partys in angesagten Clubs, doch je ausführlicher ihre Schilderungen der Diebeszüge ausfallen, desto konkreter wird das Gefühl von Leere und Oberflächlichkeit. „Oh mein Gott“ und „Geil“ blöken die Kids angesichts üppigst bestückter Kleider- und Schuhschränke, kokett posieren sie in der Garderobe ihrer „Opfer“ (irgendwie will mir dieses Wort nicht über die Tastatur...), und man kapiert auch schnell, dass sie die Kohle eigentlich gar nicht brauchen, höchstens für die nächste Linie Koks, aber ohne diesen Kick wäre ihr Leben eben noch öder als ohnehin. Coppola muss auch nicht polemisieren, sie bleibt geduldig, bleibt nahe dran, aber auch wie üblich für sie in angenehmer Entfernung, soviel wie sie eben benötigt, um ihren klaren Blick zu bewahren. Diese Kids sind keine Identifikatoren, keine Helden, aber auch keine Freaks, die ausgestellt oder denunziert werden. Ganz normale Kids eben, die ein bisschen auf die Spitze treiben, was um sie herum geboten und vorgelebt wird. Von verschwendeten Leben will ich nicht gerade reden, aber auf jeden Fall von verschwendeter Zeit.
So gelingt ein schön tückisches Gesellschaftsporträt aus dem glitzernden Reich der Träume, das sich bei näherem Hinsehen sofort in nichts auflöst, denn wenn man über solche traurigen Protagonisten wie Hilton oder Lohan nachdenkt (also, wenn man wirklich nichts besseres vorhat...), fragt man sich schon, was zum Teufel aus Hollywood geworden ist. Bis man sich dann vielleicht erinnert, dass es eigentlich nie anders war und nur die Namen auszutauschen wären. Dies ist jedenfalls ein spannender, vorzüglich inszenierter und gespielter Film, mit dem sich Coppola mal wieder als einer der interessantesten US-Filmemacher profiliert hat. (27.8.)