To the wonder von Terrence Malick. USA, 2012. Olga Kurylenko, Ben Affleck, Rachel McAdams, Javier Bardem, Tatiana Chiline
Ich habe aus Prinzip großen Respekt vor Leuten wie Terrence Malick, eigenwilligen, einzigartigen Künstlern mit sofort identifizierbarer Handschrift, Künstlern, die sich keinen Trends oder kommerziellen Zwängen unterordnen, sondern nur ihren eigenen Interessen und Absichten verpflichtet scheinen. Seltene und deshalb kostbare und wichtige Gestalten im längst schon nivellierten Einheitsbrei. Malick gehört ganz sicher dazu, auch wenn ich mit dem total verschwurbelten und pathetischen „The tree of life“ wenig anzufangen wusste. Nun ein neuer Film nach ungewohnt kurzer Zeit (für gewöhnlich vergehen Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte zwischen zwei fertigen Malick-Filmen), und meine sehr reservierte Erwartung in Bezug auf „To the wonder“ wurde leider vollauf gerechtfertigt, denn dies ist auch wieder so ein „philosophischer“ Exkurs über die Dinge des Lebens, diesmal die Dinge der Liebe, um genau zu sein. Anhand eines Paares und all seiner Irrwege werden Euphorie, Krisen, Zweifel und Ängste, tja, gestreift, und dazu kommt noch ein Pfarrer, der sich vorwiegend in ärmlichem Milieu betätigt und der seinerseits auf der Suche nach der Liebe Gottes ist (oder so ähnlich...). Das Paar findet zusammen, zieht von Frankreich nach Oklahoma, heiratet, trennt sich, kommt wieder zusammen, er hat zwischendrin eine andere, sie gönnt sich einen Seitensprung, und am Schluss ist sie doch wieder weg, wohl zurück nach Europa.
Aber eigentlich erzählt Malick gar keine Geschichte, er zeigt nur Bilder, die wohl zum Teil assoziativ oder meditativ sein sollen, spielt dazu eine Musik irgendwo zwischen Klassik und New Age, und lässt Monologe der Protagonisten laufen, zumeist der Ukrainerin und des Pfarrers. Darin geht es natürlich um Empfindungen, um Fragen, um die Suche nach dem Sinn und dem Grund und was weiß ich, auf jeden Fall ist man zwei Stunden später genauso schlau und weit wie vorher, das Mysterium der Liebe wurde weder erforscht noch von einer neuen, originellen Perspektive aus betrachtet, all die vielen vielen Fragen bleiben naturgemäß unbeantwortet, denn dies ist ja ein „philosophischer“ Film, und solche Filme geben grundsätzlich keine Antworten.
Einige Passagen, vor allem die, die sich um Intimität, Zärtlichkeit, Erotik drehen, sind Malick gut gelungen und rührten tatsächlich auch etwas in mir an. Zugegeben habe ich mich wohl auch von der Schönheit und dem Charisma der beiden Darstellerinnen Olga Kurylenko und Rachel McAdams beeindrucken lassen. Der ganze Rest ging so gut wie spurlos an mir vorüber, weil ich persönlich keine klare Idee, keinen spannenden Gedanken oder Denkansatz und erst recht kein schlüssiges philosophisches Konzept herausfiltern konnte aus dem ganzen diffusen Zeug, das noch diffuser wird durch die angeklebte Episode um den Pfarrer, auf die ich trotz meiner großen Wertschätzung für Javier Bardem sehr gern verzichtet hätte. Noch lieber verzichtet hätte ich allerdings auf Ben Affleck, der total fremd und ungelenk rumsteht im Bild, stumpf wie ein Pfosten vor sich hin glotzt, so als frage er sich selbst die ganze Zeit nach dem Sinn des ganzen. Mit ihm als Person kann Malick deutlich am wenigsten anfangen und charakteristischerweise hat er auch kaum einen Monolog, erfährt man fast nichts über sein Innenleben und was sonst noch. Eine Konzentration auf das Paar hätte trotzdem Not getan und dazu dann noch der Entschluss, ein wenig Fleisch dazu zu geben, ein bisschen Futter fürs Hirn und nicht nur schön und banal dahinrauschende Bilder und Worte. Unaufhörlich werden die Protagonisten von der Kamera umkreist, blicken sie bedeutungs- und sorgenvoll ins Leere (meistens natürlich aneinander vorbei), streifen ziellos im Nirgendwo herum oder stehen „kunstvoll“ arrangiert in Innenräumen, unvermittelt werden Orte, Zeiten und Episoden gewechselt und übersprungen, nichts wird irgendwie entwickelt oder weiter erzählt, es zählen nur Bilder, Impressionen. Dass bei mir dabei wenig Emotionen freigesetzt wurden, liegt vielleicht daran, dass ich mit l’art pour l’art noch nie so recht was am Hut hatte, und meines Erachtens nach bietet Malick hier nichts anderes, einen Film, der einen entweder von Beginn an fasziniert und in den Bann zieht oder eben nicht. „The tree of life“ war meiner Meinung nach noch um ein Grad schlimmer, weil pompöser im Thema, viel mehr als heiß aufgeblasene Luft ist dies aber auch nicht, und das ist einfach verdammt bedauerlich, wenn man weiß, dass Malick einige hervorragende und originelle Filme gemacht hat und sein Ansatz auf jeden Fall immer beachtenswert ist. Nur fehlt ihm seit zwei Filmen die Fähigkeit, daraus auch relevantes Kino zu machen. Angesichts der offenbar bereits in der Warteschleife befindlichen weiteren Projekte kann ich nur hoffen, dass er die ganz schnell wieder für sich entdeckt, denn sonst werde ich mir weitere Besuche zukünftig verkneifen. (3.6.)