Begin again (Can a song save your life?) von John Carney. USA, 2013. Keira Knightley, Mark Ruffalo, Hailee Steinfeld, Adam Levine, Catherine Keener, James Cordon, Gregg Alexander, Mos Def

   John Carney hat vor einigen Jahren den wunderschönen “Once” in Dublin gedreht, und das sieht man sofort, soll heißen, „Begin again“ hat ziemlich dieselben Stärken und Schwächen wie „Once“, nur vielleicht mit einem etwas stärkeren Ausschlag in Richtung Schwächen. New York ist eben nicht Dublin.

   Was ich sehr mag an dem Film (an beiden Filmen, um genau zu sein): Carney, selbst gelernter Bassist, liebt Musik, nimmt Musik ernst, und das kommt auch hier wieder voll zum Ausdruck. Eine Liebeserklärung an die Musik, an ihre Kraft und Magie, hoffnungslos idealistisch, fast märchenhaft sogar, ist mir aber wurscht, die Haltung zählt, und die ist für mich klasse. Idealismus geht in diesem Fall so: Zum Entsetzen des Studiobosses entschließt sich unsere Liedermacherin, ihr Album online für einen Dollar zu verscheuern, statt die dicke Kohle damit zu machen, brüskiert damit die gesamte Branche, untermauert aber ihr Credo, dass sie Musik nicht fürs Geld, sondern nur für sich selbst macht. Ein Hoch auf die wahre Indieszene. Eine Liebeserklärung auch an eine Stadt, ihre Menschen und Möglichkeiten, und auch hier geht Carney sehr unbekümmert zu Werke, was gerade noch so durchgeht. Plötzlich ist alles im Big Apple voller Musik – die Straßen, Plätze, Dächer, Klubs, plötzlich wird der alte Traum wieder wach: You can make it if you really try. Sehr amerikanisch, das, und das hat der Mr. Carney aus Irland auch gut gelernt. Stört mich aber auch nicht wirklich, denn sowohl die Protagonisten als auch ihre Musik kommen so frisch, natürlich, überzeugend und einfach total sympathisch rüber, dass man gut und gern über einiges hinwegsehen mag. Er verpasst Keira Knightley einen melodischen, sanften Indiefolkrock ein bisschen wie Aimee Mann, schreibt ein paar prima Songs dazu und hat sich erfolgreich bemüht, die Sessions originell und schwungvoll in Szene zu setzen. Hundert Minuten gehen beschwingt vorbei, und ich hatte am Schluss schon ein gutes Gefühl.

 

   Dennoch zeigt sich Carney wie schon in „Once“ als ein Filmemacher, der tolle Momente zu inszenieren versteht, sie aber irgendwie nicht immer in ein überzeugendes Ganzes integriert. Und das fällt diesmal noch deutlich stärker ins Gewicht. „Begin again“ hat eine recht schludrig zusammen geschusterte Story mit allen möglichen Ansatzpunkten, die aber wenig oder gar nicht ausgearbeitet oder weiter verfolgt werden. Weniger wäre mehr gewesen. Der abgestürzte Producer und die englische Songwriterin hätten womöglich ausgereicht, aber drumherum wird noch einiger Ballast angefüttert, der nicht recht zur Entfaltung kommt, oder buchstäblich in letzter Sekunde zu einem vagen Happy End zurechtgebogen wird. Sie hat einen Lover, einen James-Blunt-Verschnitt mit unmotiviertem Vollbart zwischendurch, der über die jäh explodierende Karriere glatt die Beziehung vergisst, er hat eine Ex und eine Tochter, mit der er gern ins Reine kommen möchte, und er hat einen Job, den er verliert und den er gern wieder hätte. Carney fühlt sich als Erzähler deutlich am wohlsten, wenn er die Leute beim Reden über Musik, beim Musikhören, beim Musizieren, beim Produzieren und Arrangieren zeigen kann, und das kann er wirklich gut, da ist er zuhaus und dann kommt auch richtig was rüber. Alles daneben ist irgendwie ein wenig unausgegoren, und so fahre ich wie bei „Once“ am besten, indem ich die Musik  und die schönen Performances einfach genieße, und den Rest ein wenig beiseitelasse. Und das klappt wieder ganz gut. (10.9.)