Das finstere Tal von Andreas Prochaska. Österreich/BRD, 2013. Sam Riley, Paula Beer, Thomas Schubert, Carmen Gratl, Tobias Moretti, Clemens Schick, Helmut A. Häusler, Hans-Michael Rehberg, Martin Leutgeb, Xenia Assenza
Nein, wie geil – ein echter, toller Alpenwestern, so richtig mit Stil und Niveau und Kawumm, zudem ein lupenreiner Genrefilm aus deutschsprachigen Landen, das hat es nicht allzu häufig, und erst recht nicht in dieser schönen Qualität.
Man nehme: Ein von aller Welt weit entlegenes Tal in einem vergangenen Jahrhundert, ein kleines Holzdorf, in dem seit Ewigkeiten die Gesetze von einer mächtigen Familie gemacht werden, eine Bevölkerung, die von Tyrannei, dumpfer Angst und Inzucht zusammen gezwungen wurde, und dann den geheimnisvollen Fremden, der eines Tages von irgendwoher geritten kommt, und sich scheinbar zufällig mitten zwischen die Konfliktfronten setzt: Wieder ein junges Mädchen, das kurz vor der Hochzeit steht und genau weiß, dass die frischvermählte Braut zuerst den Söhnen jenes mächtigen Brennerclans gehören muss. Der Fremde weiß dies auch, denn seine eigene Mutter war einst eine jener Bräute, die Furchtbares erlebt hat und deren Mann grausamst getötet wurde, weil die beiden versucht hatten, sich dem Naturgesetz der Brenners zu widersetzen. Und nun ist der Fremde aus Amerika zurückgekommen an diesen Ort, und er hat eine Winchester im Gepäck und jede Menge Wut...
Eine finstere Rachegeschichte also, die sich in einem zünftigen Shootout entlädt und die sich vor grandioser winterlicher Bergkulisse abspielt, natürlich auch eine Reverenz an Klassiker von Corbucci oder dergleichen. Prochaskas Film kommt allerdings ohne die exzentrischen Schrullen und psychedelischen Mätzchen des Italowesterns aus, was ich extrem angenehm finde. Der Film ist völlig straight und humorlos, grimmig, dicht und ziemlich spannend. Die düstere Atmosphäre wird schnell etabliert und bis zum Ende mit zwischenzeitlichen Steigerungen durchgehalten, wobei vor allem die tolle Ausstattung viel dazu beiträgt, die Enge und Abgeschlossenheit des Dorfes fühlbar werden zu lassen. Immer wieder fangen die Bilder die herben, archaischen Gesichter der Menschen ein, die schon eine Geschichte für sich erzählen und die auch im Abspann noch einmal gewürdigt werden. Hier wurde wirklich enorm sorgfältig und mit viel Erfolg gearbeitet, und wenn sich ein Film einem Genre mit soviel Ernsthaftigkeit und Gewissenhaftigkeit nähert, kann man ihm auch leicht verzeihen, das er vielleicht zur Hälfte nur aus Zitaten besteht. Das mag hier so sein, doch ist es Prochaska bestens gelungen, daraus eine schlüssige, in sich abgerundete, ganz eigene Geschichte zu machen, die zudem mit Sam Riley und Paula Beer zwei sehr eindrucksvoll charismatische Hauptdarsteller und eine große Handvoll kantiger, markanter Typen drumherum aufweist.
Alles in allem: Stimmungs- und stilvolle, allerbeste Unterhaltung, die mal wieder unterstreicht, dass sich hiesige Filmschaffende einfach trauen sollten, Genre zu machen. Sie können es – und wie! (13.2.)