Serena von Susanne Bier. USA/Frankreich, 2014. Jennifer Lawrence, Bradley Cooper, Rhys Ifans, Sean Harris, Toby Jones, Ana Ularu, Sam Reid, David Dencik
North Carolina 1929: Der ebenso ehrgeizige wie windige und umtriebige Businessmann George Pemberton trifft die platinblonde Serena Shaw und erkennt sofort: Hier hat er eine Schwester im Geiste gefunden. Und da sie so wenig auf Konventionen gibt wie er, geht sie prompt auf seinen Vorschlag ein und heiratet ihn vom Fleck weg. Er nimmt sie mit in die Berge, wo er anstrebt, ein eigenes Holzimperium aufzubauen, und sie, deren Vater einst just so eines besaß, geht ihm tatkräftig zur Hand, beweist sehr bald, dass sie in jeder Situation ihren Mann zu stehen vermag. Vor allem ihren George hat sie flugs fest im Griff, überredet ihn, den misstrauischen Kompagnon auszuschalten, und als sie ein Kind erwartet, scheint nichts mehr ihrem Glück und ihrem Erfolg im Weg zu stehen. Doch dann taucht ein junges brünettes Mädel im Holzfällerdorf auf mit einem Kind auf dem Arm, und dieses Kind ist von George…
Hier finden sich reichlich Zutaten für ein deftiges Melodrama mit fettem Trashfaktor, doch Susanne Bier hat das irgendwie so konsequent ernst und gradlinig runtergedreht, dass mir der Film trotz alledem ganz gut gefallen hat. Sattsam bekannte Stereotypen was Personenzeichnung oder Handlungsabläufe angeht finden sich zuhauf, dennoch wirkt der Film spannend und auf seine eigentümlich altmodische Weise auch ganz eindringlich. Er erzählt eine sehr amerikanische Story (den Roman dazu kann ich mir lebhaft vorstellen) von der Gier nach Reichtum und Erfolg, von Liebe, Eifersucht, Gewalt und Wahn, und all dies ist bereits angelegt in der äußerst dynamischen Kombination, die die beiden Hauptfiguren ergeben. Wie Topf und Deckel verhalten sie sich, erkennen dies im anderen auch sogleich und machen flugs Nägel mit Köpfen, um ihrem Streben eine gemeinsame und dadurch noch unwiderstehlichere Stoßrichtung zu geben. Rechts und links fallen Späne, der örtliche Sherriff nimmt schon mal die Fährte auf, weil er gleich erkennt, wes Geistes Kind die beiden Liebesvögel sind, die jedoch genießen zunächst mal in vollen Zügen, nur wir erfahrenen Dramakenner wissen ganz genau, da zieht Unheilvolles auf, und spätestens als Themen wie Neid und Eifersucht dazukommen, also mehr das weibliche Spektrum, ist der Lauf der Dinge kaum mehr aufzuhalten. Serena gewinnt unfreiwillig einen bedingungslosen Mitstreiter, einen düsteren Jäger und Fährtensucher, der ein scharfes Messerchen hat und davon zunehmend Gebrauch macht, und nach Serenas Fehlgeburt, die sie gründlich traumatisiert und zugleich das Ende ihrer gemeinsamen Kinderträume bedeutet, ist die Kluft zwischen ihr und George nicht mehr zu reparieren.
Schön suggestive Bilder und eine schwerblütige Musik untermalen das Geschehen und tauchen es in noch dunklere Farben, Susanne Bier setzt trotz aller dick aufgetragenen Verstrickungen weniger auf Effekte, eher auf Atmosphäre und das gelingt ihr meiner Ansicht nach wirklich gut. Zudem hat sie eine Handvoll starker Gesichter zur Verfügung, vor allem Jennifer Lawrence setzt sich sehr souverän über jede Untiefe ihrer Rolle hinweg und besticht ganz einfach mit ihrer eindrucksvollen Präsenz, die der wasserstoffblonden, rotbekrallten Femme Fatale eine gewisse Würde gibt. Das hätte bestimmt nicht jede so hingekriegt.
Wenn man mich fragt, kann sich Susanne Bier gern auf ihre skandinavischen Wurzeln konzentrieren, denn diese Filme sind mir allemal lieber. Aber gut, sie traut sich immerhin was, und wenn man mal vergisst, welch starke Sachen sie schon gemacht hat, ist „Serena“ immerhin auf eine etwas schräge Art effektvolle, gute Unterhaltung, die eigentlich in ein anderes Jahrzehnt gehört. (18.12.)