Wolfen von Michael Wadleigh. USA, 1981. Albert Finney, Diane Venora, Edward James Olmos, Gregory Hines, Tom Noonan, Dick O’Neill

   Coool – Michael Wadleighs alten Ökohorrorkracher hab ich seit wenigstens fünfundzwanzig Jahren nicht mehr gesehen, auf der großen Leinwand sowieso noch gar nicht, und also ist das eine ebenso seltene wie schöne Gelegenheit, gutes altes Kino mal in groß zu erleben. Sicherlich sieht man ihm seine dreißig Lenze ein wenig an, und wenn man heutzutage „Horror“ hört, erwartet man schon ein Schippchen mehr Blut und Eingeweide und Zerstückelung und Kotze, um das Adrenalin überhaupt in sachte Wallung zu versetzen, aber an dieser Verrohung ist dieser Film sicher nicht schuld, und seine eigentlichen Qualitäten kommen für mein Empfinden nach wie vor bestens zum Tragen. Die Botschaft ist sympathisch und kommt ganz klar und direkt rüber, eine Lektion über die Entfremdung des sogenannten zivilisierten Stadtmenschen, der den Kontakt zur Natur, zu seinen eigenen Sinneswahrnehmungen komplett verloren hat und somit zur leichten Beute wird, eine Lektion auch über die Eroberung Amerikas auf Kosten alter Kulturen, Jägerkulturen, die augenscheinlich ausgerottet wurden, die jedoch im Untergrund überlebt haben, auch in den Städten, und die nun daran gehen, die kranken, nicht lebensfähigen Subjekte wegzuräumen und für den Erhalt ihrer alten Jagdgründe zu kämpfen. Klingt schräg – ist schräg! Und da ihre Methoden leider ein wenig rustikal sind und unter anderem ein stinkreicher Geschäftemacher und Nachfahre niederländischer Siedler dran glauben muss, treten die ermittelnden Behörden auf den Plan, allerdings unter der irrigen Prämisse, ganz normale Ökoterroristen seien am Werk. Die Story folgt weitgehend klassischen Krimi- und Thrillerschemata, baut sie mit schrägen mystischen Noten auf, die Horrorelemente sind für heutige Sehgewohnheiten recht dezent, trotzdem ist der vorzüglich gespielte Film durchgehend ziemlich spannend und vor allem optisch spektakulär aufbereitet. Gerry Fishers Steadycam, zum Teil im Wärmebildmodus, sorgt für eine geniale Umsetzung der Wolfsperspektive, der Wahrnehmung, der Bewegungen, der Angriffe. Die Impressionen aus dem New York der frühen 80er sind faszinierend, vor allem das monströsen Abrissgebiet der South Bronx, eine erschreckende urbane Mondlandschaft, eine Spielwiese gewissenloser Bauspekulanten und sogenannter „Sanierer“, bietet ein unvergessliches Setting, das dem Film entschieden seinen Stempel aufdrückt. Und wer in einer Kneipenszene genauer hinhört, kann Tom Waits den Mond anheulen hören – auch ein Erlebnis der besonderen Art…

 

   Ein Film also mit einem Anliegen, einem ökologischen Gewissen, und heute im Zeitalter globaler Gleichgültigkeit mag man darüber lächeln, meinetwegen, aber ein durchweg sehenswerter und gleichsam eigentümlicher Film ist und bleibt er. Mein Leib- und Magenkino sollte sich häufiger mal auf solch alte Perlen besinnen. (30.4.)