Hallåhallå (HalloHallo) von Maria Blom. Schweden, 2014. Maria Sid, Johan Holmberg, Tina Råborg, Carl Jacobson, Isabelle von Saenger, Karin Ekström, Miri Klarquist, Celina Almqvist, Ann Petrén, Gunilla Nyroos

   Disa ist um die vierzig und lebt in Falun. Mutter zweier Kinder, die sie sich nun mit dem geschiedenen Gatten Laban teilen muss, denn der gründet just mit einer anderen eine neue Familie. Laban erklärt ihr das so, dass er für die neue nun ganz andere, erwachsene Gefühle habe und die habe er für Disa nie gehabt. Auch sonst ist ihr Leben momentan nicht gerade eine Erfolgsgeschichte: Die Eltern besuchen sie überfallartig, doch der Besuch verläuft fast im Desaster, als Mammi beim Walken Herzklabastern kriegt und Disa einfach weiterrennt, zu sehr mit sich und ihrem Frust beschäftigt. Sie lernt einen netten Mann kennen, vielfach geschieden, vielfach Vater, der aber ihre unbeholfenen Versuche sanft zurückweist. Disa ist halt mehr der Kumpeltyp. Ihr Job als Krankenschwester bringt auch nicht gerade die Erfüllung, erst recht als im Rahmen von „dringend erforderlichen Umstrukturierungsmaßnahmen“ etliche Stellen verloren gehen und sie die Kollegen nicht dazu bewegen kann, als Solidarität auch zu kündigen. Immerhin kommt sie durch eine besonders sperrige alte Patientin auf neue Gedanken, hütet ihr Haus ein und schafft die alte Dame schließlich zum Sterben dorthin zurück, an der Seite ihrer Kinder und einiger guter Freunde, die sie immerhin hat. Ganz so aussichtslos ist ihr Leben eben doch nicht, aber, wie sie am Schluss resümiert, es gibt durchaus noch Luft nach oben.

 

   Apropos Luft nach oben… Maria Blom hat vor zehn Jahren „Zurück nach Dalarna“ gedreht und dort gezeigt, wie gut sie im Rahmen einer ganz normalen Familienaufstellung das Komische und das Ernste miteinander zu verquicken versteht, bis sich das eine nicht mehr vom anderen trennen lässt. Mitfühlend und bissig zugleich, und alles in allem sehr wahr. Diesmal (Bloms Filme zwischendurch wurden uns in Teutschland kurzerhand unterschlagen, klar) wandelt sie wieder auf ganz ähnlichen Pfaden, wieder Dalarna, wieder eine Frau, die mitten im Leben steht und sich sowohl daran als auch an ihrer Familie im weiteren Sinne mächtig abarbeitet. Wieder sehen wir kleine und größere Katastrophen und Peinlichkeiten, lernen skurrile Menschen kennen, vor allem natürlich Disa, die auf sehr angenehme Weise nicht ins Schema gängiger Kinoheldinnen passt, die aber gottseidank auch keine Bridget Jones ist. Eine ganz normale, etwas verpeilte, etwas verwuschelte Frau, die ihr Recht auf Glück einfordern will und immer wieder einsehen muss, dass genau das nicht geht. Weder kann sie den charmanten und höchst unkonventionellen Kent dazu zwingen, mit ihr eine neuerliche Ehe einzugehen, noch kann sie ihren Exmann dazu bringen, zu ihr zurückzukommen. Weder kann sie ihre Eltern zu ganz normalen, netten, verständnisvollen Menschen machen, noch kann sie ihre Arbeitskolleginnen dazu bewegen, sich ihr bei der Protestkündigung anzuschließen. Vieles, was misslingt also, doch damit sich im Publikum nicht totaler Frust ausbreitet, mischt Blom unter ihre Geschichten viel kauzigen, schrägen Humor, der aber immer eher still und beiläufig bleibt, weshalb kaum mal laute Lacher im Kinosaal erklingen. Eher bin ich leise amüsiert, verfolge das Geschehen mit anhaltend mildem Interesse, freue mich über die ausgezeichneten Schauspieler, die echte Typen geblieben sind, freue mich am meisten wohl über ein paar schwedische Impressionen, zumal aus Falun, das man ja nun höchst selten im Kino sieht – eher gar nicht. Bloms Konzept, durchgehend unspektakulär und bodenständig zu erzählen, ist sehr sympathisch, Frage ist nur, ob das gleich für einen mitreißenden Film reicht. Zumal nicht alle Pointen gleich gut zünden und die eine oder andere Episode auch ein wenig im Nichts verläuft, so als habe Blom versucht, ihre neunzig Minuten mit möglichst vielen schrägen Einfällen und Themen zwischen Leben, Liebe und Tod zu füllen. Die größere Frage für mich ist aber, weshalb auch dieser Film am Ende wieder auf die große breite Hauptstraße der Harmonie und der Zufriedenheit einbiegt, für die es offenkundig kaum eine Alternative zu geben scheint. Disas finale Bilanz kommt nach all dem Unbill zuvor doch ein wenig unmotiviert, und es hätte sich an einigen Stellen interessantere Abzweigungen angeboten, die nicht gleich im schweren Psychodrama hätten enden müssen, die ganze Geschichte aber nachhaltig vom Mainstream abgegrenzt hätten. So ist dies unterm Strich nur ein weiterer, wenn vielleicht auch leicht eigenwilliger Wohlfühlfilm geworden. Und ich lerne: Ein Wohlfühlfilm aus Schweden ist auch nur ein Wohlfühlfilm. (20.11.)