Les combattants (Liebe auf den ersten Schlag) von Thomas Cailley. Frankreich, 2014. Kévin Azaïs, Adèle Haenel, Antoine Laurent, Brigitte Roüan, Nicolas Wanczycki

   Das ist schon eher was für den Sommer, eine leichte Sache der bewährt französischen Machart, aber von der absolut sympathischen und guten Sorte und nicht von der süßlichen, sich anbiedernden Wohlfühlsoße, auf die der wie gewohnt dumme deutsche Titel abzuheben scheint. Eine Liebegeschichte, sperrig und unorthodox wie ihr Personal, angenehm dezent und ganz ohne die üblich schmierigen Zutaten, die mir mein sonst so heiß geliebtes französisches Kino in den letzten Jahren immer häufiger vergrätzt haben.

   Arnaud und sein Bruder machen in Holz, und nach dem Tod des Vaters übernehmen sie den Betrieb, bauen Gartenhäuschen und was sonst gerade anfällt. Ein ganz normaler, netter, zurückhaltender Typ, der abends gern mit den Jungs um die Häuser zieht, aber sonst nicht gerade viel erlebt. Das ändert sich grundlegend, als er auf Madeleine trifft, ein wildes Mädchen, das zu den Fallschirmjägern will und zu diesem Zwecke einen zweiwöchigen Vorbereitungskurs absolvieren wird. Statt des erhofften Sommerflirts gibt’s Hiebe und Gestänker, denn dieses Mädchen ist nicht wie alle anderen, das merkt Arnaud bald, und ist vermutlich deshalb umso faszinierter von ihr. Sie entwirft düstere Weltuntergangsszenarien, will immer auf alles vorbereitet sein und scheint jederzeit gegen alles und jeden kämpfen zu müssen. Arnaud folgt ihr in den Kurs, zum größten Frust des im Stich gelassenen Bruders, und dort im Sommercamp nehmen die Ereignisse allerlei abenteuerliche Verläufe, ein waschechtes Überlebenstraining inklusive, und am Ende ziehen die beiden übereinstimmend das Fazit, dass sie beim nächsten Mal besser vorbereitet sein werden.

   Mal launig und turbulent, mal auch ein wenig rauer und ernster, dann wieder poetisch und ein klein wenig erotisch entfaltet sich eine Liebesgeschichte, die ganz von den wenigen Hauptfiguren lebt und außerdem sehr viel Sonne und Süden atmet, was natürlich erstmal äußerst angenehm ist. Adèle Haenel und Kévin Azaïs sind extrem prima als ungleiches Paar, das durch etliche Umleitungen und Untiefen zueinander findet, ihr Charme und ihre Ausstrahlung machen den Großteil des Films aus, und es ist besonders vergnüglich, ihnen zuzusehen, umso mehr, als sie gar nicht so viel tun und erst recht keine Faxen und platten Mätzchen benötigen. Sie bewahren vielmehr ihre Eigenheiten und Unzugänglichkeiten, bleiben ein wenig ungeschliffen und unberechenbar, genau das macht ihre Qualität aus, genau das gilt für den Film insgesamt, der längst nicht so glatt und bieder ist wie die meisten anderen dieser unseligen Kategorie, in die ich ihn am liebsten gar nicht erst einsortieren würde. Der französische Originaltitel lässt sich auf einige der hier versammelten Figuren anwenden, in erster Linie natürlich auf Madeleine, aber auch auf einige der Armeetypen mit ihrer Allzeit-bereit-Attitüde und dem feierlichen Anspruch, sich niemals in die Defensive drängen zu lassen. Die Armee, wie wir lernen nach McDonalds der zweitgrößte Anwerber des Landes, bietet immer noch eine Parallelwelt, bietet Zugehörigkeit, Identität und Kameradschaft blablabla, und offenkundig sind diese Werte noch immer vielversprechend für viele, erst recht in Zeiten der großen Krise, die ansonsten eher Arbeitslosigkeit und wenig Hoffnung parat hält. Madeleines etwas ungelenke Aggression, deren Ursachen wir nie so ganz ergründen können, und die sich gegen Gott und die Welt im allgemeinen zu richten scheint, verunsichert die Jungs ringsherum und macht sie wiederum zur Außenseiterin, was den Kreislauf hübsch in Gang hält, denn je verbissener sie kämpft, desto vergeblicher wird ihr Kampf, und es braucht schon jede Menge Ausdauer auf Seiten Arnauds, um diesen Kreislauf irgendwo zu unterbrechen. Statt von einem „Highlight“ zum nächsten zueilen lässt die Geschichte sich Zeit, lässt sich zwischendrin auch mal ein wenig treiben, wenn die beiden sich von der Truppe absetzen, um ihr Ding ganz allein in den Wäldern durchzuziehen, wo wie sie es sich vorgestellt und immer erträumt hatte. Dass daraus im Angesicht der saisonal üblichen Großwaldbrände eine akute Lebensbedrohung wird, denunziert ihre Träume keineswegs, sondern fördert lediglich ihren Zusammenhalt und gibt Arnaud die Gelegenheit, seine Grenzen und Kräfte auszuloten.

 

   Das alles ist jetzt auch keine ewig profunde Psychokiste, aber doch eine sehr schön unkonventionelle amour fou mit zwei wunderbaren Hauptdarstellern,  wunderbarem Sommergefühl und viel abwechslungsreichem Humor. Na, geht doch… (7.7.)