Mission Impossible – Rogue Nation von Christopher McQuarrie. USA, 2015. Tom Cruise, Rebecca Ferguson, Jeremy Renner, Ving Rhames, Simon Pegg, Sean Harris, Alec Baldwin, Simon McBurney, Jens Hultén, Tom Hollander

   Irgendwann zwischen dem dritten und dem vierten Film hat Ethan Hunt einen regelrechten Quantensprung vollzogen. Erstens: Er hat den Humor für sich entdeckt. Zweitens: Er ist ein Teamplayer geworden. Erstgenanntes gab den Autoren die Möglichkeit, das etwas dröge Image des perfekten Poster-Boys mit gesunder und wohltuender Selbstironie zu unterfüttern (sprich zu unterspülen). Letztgenanntes gab den Autoren die Möglichkeit, ein Team einzuführen, also ein paar bunte Charaktere um Hunt herum, die den bis dato etwas drögen Poster-Boy in so etwas wie ein soziales Umfeld einbetten und vor allem einfach für ein wenig Spaß und Human Touch sorgen – für beides war die Serie bis dahin nicht gerade bekannt gewesen. Die hochtourige Action wurde dabei keineswegs geopfert, die himmelsstürmenden Stunts ooch nicht, und die geheimdienstlichen Verstrickungen à la 007 ebenfalls nicht, mit anderen Worten: Die Serie hatte plötzlich enorm gewonnen. Leute wie Brian de Palma oder John Woo waren eben eher auf der Technikseite und hatten nicht so sehr Interesse am menschlichen Drumherum, J.J. Abrams hat die Serie dann quasi überführt in eine neue Phase, und Brad Bird und nun Mr. McQuarrie haben diesen Trend aufgenommen, weiter geführt, und ich möchte mal sagen, er ist noch keineswegs ausgereizt, da kann noch mehr kommen. Für eine Diskussion über die Personalie Tom Cruise ist es genau fünf Filme oder zwanzig Jahre zu spät, das hätte ich persönlich natürlich am liebsten ganz anders gehabt, aber in diesem Rahmen kann ich ganz gut damit leben, erst recht seit er nicht mehr der grimmige, wortkarge Einzelkämpfer ist, sondern durch ein paar Sidekicks abgefedert wird (so wie es bei Bond von Beginn an war). Macht aus der Figur des Ethan Hunt einen echten Menschen, und die Filme werden nochmal so gut, und bis dahin geben wir uns herzlich gern mit dem gegenwärtigen Stand der Dinge zufrieden.

 

   Und der sieht so aus: Farbige, internationale Schauplätze, Turbulenzen und Intrigen satt, einen Bösewicht, der mal wieder die Weltordnung ins Rutschen bringen will, eine handfeste Frau zwischen den feindlichen Blöcken und ein ehemals so gut wie unantastbarer Poster-Boy, der mehrmals erkennen muss, dass ihm mittlerweile physische Grenzen gesetzt sind und er ohne die Hilfe eines Teams einfach nicht auskommen würde. London – Wien – Casablanca sind die Zentralstationen. „Nessun dorma“ wird schnöde missbraucht für ein Attentat auf den österreichischen Premier, sämtliche marokkanischen Geschwindigkeitsregeln werden aufs gröbste verletzt, Ethan Hunt unterzieht sich einem ausgiebigen Lungenfunktionstest, letztlich schlägt er seinen fiesen Gegner mit dessen eigenen Waffen und brockt dem CIA-Chef einen hochnotpeinlichen Auftritt vor dem Senatsausschuss ein. Die Abteilung ist wieder in Arbeit, eine vielversprechende neue Rekrutin ist praktisch im Stand-by-Modus auf Abruf bereit, und die Serie kann weitergehen, was ich doch sehr hoffe, wenn sie sich auf diesem Niveau hält, bzw. noch eine Schippe drauflegt, siehe oben. Actionkino im James-Bond-Stil, elegant, rasant, witzig und alles in allem auch nicht doof. Niemand erwartet von solchen Filmen eine fundierte Stellungnahme zu den großen Themen der Weltpolitik, und sowas wird‘s wohl auch nie geben. Paul Greengrass hat ein paar vorsichtige Annäherungen unternommen, aber so richtig sind Kommerz und Action noch nicht zusammen gekommen. Vielleicht wird’s noch eines schönen Tages, wer weiß. „MI 5“ bietet gute zwei Stunden unbeschwerte, hochkarätige Unterhaltung, macht Spaß, reißt mit, und was zum Henker kann ich noch mehr erwarten von einem Film wie diesem? (31.8.)