Fantastic beasts and where to find them (Fantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind) von David Yates. England, 2016. Eddie Redmayne, Katherine Waterston, Dan Fogler, Allison Sudol, Colin Farrell, Ezra Miller, Carmen Ejogo, Samantha Morton, Jon Voight

   Ok, dass die Harry-Potter-Serie nicht ohne Spin-off oder Sequel oder Prequel oder was weiß ich noch bleiben würde, konnte sich jeder ausrechnen, der aus dem Kleinkindalter heraus ist. Die Kuh muss einfach noch ein bisschen gemolken werden, denn wo schon so enorm viel Profit generiert wurde, da ist noch Potential für mehr, klar. Und diesmal hat die Rowling keine halben Sachen gemacht, hat sich gleich als Drehbuchautorin und Produzentin verewigt, damit sie sicher sein kann, selbst auch in der allerersten Reihe zu stehen. Geschäftstüchtig ist die Dame, keine Frage. Und weil auch alle anderen Geldgeber auf Nummer Sicher gehen wollten, tauchen hier lauter bekannte Namen im Stab auf: Yates, Kloves, Heyman, alle sind sie wieder an Bord, damit nur ja nix schief geht und die investierten zwei- bis dreihundert Millionen sich auch hübsch vermehren. Und weil sie alle miteinander so schlau sind, haben sie diesen Film in New York angesiedelt, damit sich die Amis nicht immer so ausgeschlossen fühlen und endlich persönlich ans Harry-Potter-Universum andocken können. Echt clever. Ich weeeiß, so tickt der Markt, und daran wird sich im Leben nichts mehr ändern, aber manchmal triggert‘s mich halt immer noch an...

 

   Wenn ich mir diese zweieinhalb Stunden ohne das ganze Drumherum so anschaue, stelle ich aber schon ein deutliches Gefälle zu Harry Potter fest, zumal zu den besseren Filmen der Serie. Und Mrs. Rowling hat daran einen großen Anteil, denn ihr üppig ausuferndes Buch benötigt mindestens eine geschlagene Stunde, um endlich mal einen klar erkennbaren Handlungsfaden aufzunehmen, wenigstens ansatzweise. Und das zeigt wieder mal schön deutlich, dass eine gute Buchautorin nicht gleichzeitig eine gute Drehbuchautorin sein muss. Sie kriegt überhaupt keine Struktur in die Story, führt wahllos Figuren ein, verliert manche wieder aus den Augen, baut andere als Hauptpersonen auf, um sie dann im weiteren Verlauf immer mehr zu vernachlässigen (beispielsweise Jon Voight als Politiker und seine beiden Jungs), lockt uns mit ein paar suggestiven Anspielungen (Lestrange, Grindelwald, Hogwarts undsoweiter), aber nichts davon wird richtig konkret, also weiß schon jetzt ein jeder, dass es mindestens ein Sequel geben wird (aber ich las jetzt, dass bereits eine Trilogie in Planung ist…). Ich persönlich fühlte mich bis zuletzt ein wenig verwirrt, fand einfach nicht richtig durch, und sah mich folglich gezwungen, mich auf den reinen Schau- und Unterhaltungswert zu konzentrieren. Hier hat die Technikabteilung erwartungsgemäß einen guten Job gemacht, fährt ein eindrucksvolles Arsenal origineller, skurriler Geschöpfe auf (in denen Rowlings liebevolle, detailverliebte Phantasie am besten zum Ausdruck kommt), kommt über lauter Verzückung zwischendurch wieder total aus dem Takt, und arrangiert später immerhin einige ausladende, zünftige Actionszenen, die absolut auf der Höhe des aktuellen Fantasyniveaus sind. Das New York der 20er Jahre entsteht plastisch und nuancenreich auf der Leinwand und gibt einen effektvollen Hintergrund für eine Handlung, die sich vage um die Versuche des dunklen Zauberers Grindelwald (den kennt man schon eher aus den Harry-Potter-Büchern und –Filmen, denn er taucht dort mehrmals in Person auf) drehen, einen Krieg zwischen der Welt der Zauberer und der der Muggel anzuzetteln, um den Zauberern endlich zu jener Macht zu verhelfen, die sie seiner Meinung nach ausüben sollten. Zu diesem Zwecke gibt er sich alle erdenkliche Mühe, die Zauberer aus ihrer Verborgenheit ans Licht zu zerren und damit eine Reaktion der Menschen zu provozieren, die dann zwangsläufig zu einem gewaltsamen Konflikt führen soll. Eine Allianz aus friedliebenden Zauberern und einem Muggel, der völlig unfreiwillig in den Strudel hineingezogen wird, verhindert mithilfe der titelgebenden Fabelwesen das Schlimmste, aber man kann sich schon ausrechnen, dass die übelwollenden Mächte weiterhin präsent und aktiv bleiben werden. Hauptperson ist ein gewisse Herr Scamander, der bei Harry Potter mehrmals so am Rande erwähnt wird, ein Hogwarts-Schüler und Protegé Dumbledores, der sich auf die Handhabung jener Fabeltiere versteht und fast auch noch eine nette kleine Zauberin abkriegt. Eddie Redmayne ist bekanntermaßen ein fabelhafter Darsteller, nur scheint er mir für diese Welt nicht recht geeignet zu sein und seine üblichen verschüchterten Ticks wirken auf mich häufig eher deplatziert. Die anderen sind gut getroffen und bestens in Form (ich war ja sehr erstaunt und angenehm überrascht, Allison Sudol alias A Fine Frenzy hier zu sehen, die ich bisher nur als ausgezeichnete Musikern und Songschreiberin kannte), und zusammen mit der Effektabteilung schaukeln sie das Ding routiniert über die Runden, ohne aber das Rad neu zu erfinden. Wollten sie vielleicht auch gar nicht. Sie setzen zu Recht darauf, dass alle Harry-Potter-Fans dankbar sein werden für Neues aus ihrer Welt und folglich auch diesen Neuansatz vergolden werden. Kann ich ihnen auch nicht verübeln, und ein solides Stück Sonntagnachmittag-Unterhaltung ist durchaus dabei rausgekommen. Mehr aber auch nicht. Für’s nächste Mal wäre Madam Rowling wohl ganz gut beraten, ein bisschen Kohle aus dem Marketingtopf abzuzweigen und einen guten Drehbuchautor anzuheuern. Oder am besten den Mister Kloves anfragen, denn der ist als Produzent doch sowieso im Boot, und der hat bei HP schon zur Genüge bewiesen, dass er sein Handwerk versteht. Besser jedenfalls als die Autorin, die sich dann vielleicht mal wieder Zeit nehmen kann für weitere Projekte… (27.11.)