Schrotten! von Max Zähle. BRD, 2015. Lucas Gregorowicz, Frederick Lau, Anna Bederke, Jan-Gregor Kemp, Lars Rudolph, Heiko Pinkowski, Alexander Scheer, Rainer Bock

   Schrotten ist weniger ein Beruf als vielmehr eine Lebenshaltung, und Familie Talhammer schrottet nunmehr in der dritten Generation. Die Zeiten haben sich mittlerweile geändert, auch auf diesem Gebiet hat der Raubtierkapitalismus Einzug gehalten in Form des gierigen Herrn Kercher, der all die kleinen Krauter einfach auffrisst, gerade wie das System es verlangt. Einzig Letscho Talhammer und die Seinen bilden ein hartnäckiges Nest des Widerstandes, wollen dem Druck Kerchers trotzen und weiter ihr karges Dasein auf einem reichlich heruntergekommenen Areal auf dem Lande fristen. Letschos Bruder Mirko wählte einst einen anderen Weg, zog in die große Stadt Hamburg, wurde Versicherungsyuppie, doch ein strahlender Sieger ist auch aus ihm nicht geworden. Dann stirbt Papa Talhammer, und Mirko gerät seit vielen Jahren widerwillig in Kontakt mit seiner Sippe, von der er sich am liebsten für immer distanziert hätte. Doch er hat Schulden, hunderttausend Euro, und als er mitkriegt, dass Kercher für den Talhammer-Besitz gutes Geld bezahlen würde, beißt er erstmal an in der Hoffnung, seinen starrsinnigen Bruder früher oder später überzeugen zu können. Der aber hat längst einen anderen Plan, um sich und seien Familie zu sanieren. Darin geht es um einen Eisenbahnwaggon mit vierzig Tonnen Kupfer, denn sie auf die Seite bringen wollen. Papa Talhammer war klug genug um einzusehen, dass Letscho nicht Hellste ist, also sorgt er quasi posthum dafür, dass Mirko in den Plan eingeweiht wird, und da Blut schon immer dicker war als Wasser, macht der nach kurzem Zögern mit. Natürlich läuft alles längst nicht so glatt wie geplant, und gerade als Kercher wie der große Sieger aussieht, hat Mirko die rettende Idee. Seinen Job in Hamburg kann er zwar knicken, aber seinen Stolz hat er wieder hergestellt, das Familienmotto „Lieber tot als Sklave“ auch wieder für sich entdeckt, und dann ist da noch die schnieke Luzi, die ihn am Schluss so nett von der Seite anlächelt…

   Das ist eine richtig nette, launige Gaunerkomödie, oder meinetwegen auch Familienkomödie, in der die Bösen mal so richtig gefickt werden, und das sieht man halt immer ganz gern, oder? Ich muss eigentlich gar nicht so viele Worte machen um „Schrotten!“, die Verhältnisse werden klar und deutlich benannt: Auf der einen Seite die schrägen Dickschädel, die zwischen gammeligen Wohnwagen und Schrottbergen hausen, die stolz sind auf ihr Familienerbe und ihre Identität und sich was darauf zugutehalten, Rotwelsch zu palavern, was immer gut genug ist, um die Bullen zu ärgern, und was auf jeden Fall gut genug ist, den feinen Anzugpinkel aus der Großstadt zu ärgern, denn der will mit den zerlumpten Losern nichts mehr zu tun haben. Auf der anderen Seite der korrupte, rücksichtslose Geschäftemacher Kercher, der für alles steht, was den Kapitalismus so verabscheuungswürdig macht, der vor keiner Lüge und Intrige halt macht und der, wenn es nötig ist, eben auch mal seine Schlägertrupps mobilisiert, um einen Konflikt abschließend beizulegen. Sein Motto: „Mir gehört die Stadt!“ Und zwischen den beiden steht anfangs der Mirko, der Kercher zwar auch verachtet, der aber einerseits dringend das Geld braucht und andererseits genau weiß, dass die Talhammers hier keine Zukunft haben werden, und da er mit dem „Lieber tot als Sklave“-Pathosscheiß nix anzufangen weiß, überwiegt sein Pragmatismus und der Gedanke, für die Familie das bestmögliche rauszuschlagen. Doch ein Fünkchen Rebellengeist scheint auch in ihm erhalten geblieben zu sein, denn die Aussicht, Kercher und der Stadt einen Haufen Kupfer abzujagen und gewinnbringend zu verticken, juckt ihn irgendwie und stachelt außerdem seinen Ehrgeiz als Tüftler und Organisator an. Ja, und dann ist da ja auch noch die schnieke Luzi…

 

   All dies wird sehr vergnüglich, unterhaltsam und geradeaus zubereitet und in Szene gesetzt, nicht großartig neu oder voller Überraschungen, dafür mit Liebe zum Milieu und originellen Figuren. Außerdem sind Typen wie Gregorowicz, Lau oder Rudolph ideal besetzt und mit sichtbarem Spaß an der Freud mit von der Partie, sodass es allein Spaß macht, ihnen dabei zuzusehen, wie sie raufen, sich anzicken und schließlich nach Männerart ihr Ding durchziehen, auch wenn‘s zum Schluss ordentlich auf die Mütze gibt. Und selbst wenn unsereinem das Familienmotto der Talhammers recht fern liegen mag, so hatte ich doch sehr amüsante, stimmige hundert Kinominuten. (20.5.)