Trumbo von Jay Roach. USA, 2015. Bryan Cranston, Diane Lane, Elle Fanning, Louis C. K., John Goodman, Helen Mirren, Michael Stuhlbarg, Alan Tudyk, Roger Bart

   Die Geschichte Dalton Trumbos ist auch eine Geschichte Hollywoods und auch eine US-amerikanische Geschichte. Der brillante Drehbuchautor und bekennende Kommunist, der in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg in die Mühlen des sogenannten Komitees für unamerikanische Aktivitäten (HUAC) gerät und zusammen mit neun anderen Künstlern auf die Liste der Hollywood Ten gesetzt wird (andere bekannte Namen sind noch Edward Dmytryk oder Herbert J. Biberman), während die berüchtigten Schwarze und Rote Liste bekanntlich eine Menge mehr Namen enthielten, unter anderem von Leuten wie Chaplin, Buñuel, Losey, Welles, Attenborough undsofort. Die Hollywood Ten inszenieren ihre jeweilige Anhörung vor dem Komitee als kalkulierten Affront, landen prompt hinter Gittern (Trumbo selbst für elf Monate), und nur wenige schaffen es später, auf verschiedene Weise ihre Karriere wieder aufzunehmen, was sowieso nur möglich war, indem sie ihren bisherigen Überzeugungen öffentlich „entsagten“ und sich kooperationsbereit zeigten. Edward Dmytryk beispielsweise, indem er ein zweites Mal vor der Inquisition erscheint und umfassend aussagt, Namen nennt. Edward G. Robinson, indem er nach einem Jahr Kaltstellung praktisch dasselbe tut. Für Trumbo, einen nach wie vor überzeugten Kommunisten mit beständigem Kontakt zu Gesinnungsgenossen, kommt diese Option nicht in Frage. Er beschließt, weiter zu arbeiten, weiter zu schreiben, und dient seine Bücher entweder Strohmännern an, die sie dann unter ihrem Namen in den Studios lancieren, oder er schreibt gleich selbst unter Pseudonym, was faktisch bedeutet, dass zumindest zwei außerordentliche Erfolge über viel Jahre nicht mit seinem Namen verknüpft sein dürfen – nämlich die Oscars für „Roman Holiday“ 1953 und für „The brave one“ drei Jahre später. Während andere weiterhin versuchen, das System von außen anzugehen, spielt Trumbo auf Zeit, wartet auf seinen Moment – und der kommt exakt 1960, als plötzlich zwei Prestigeprojekte auf dem Weg sind und sich zwei einflussreiche Prominente an Trumbo wenden, weil sie einen Drehbuchdoktor benötigen: Kirk Douglas für „Spartacus“ und Otto Preminger für „Exodus“. Trumbo weiß genau, was auf dem Spiel steht, nämlich buchstäblich sein Name. Wenn er erreichen kann, dass sein richtiger Name im Abspann auftaucht, wäre das der entscheidende Schritt in Richtung Rehabilitierung. Und so geschieht’s, und so kann Dalton Trumbo zehn Jahre später bei einer Versammlung der Writers Guild of America ein kleines Resümee seiner Geschichte ziehen.

   Einen besonderen Satz sagt er dort, und der ist sicherlich einer der bedeutungsvollsten des Films: Die Schwarze Liste war kein Witz, so absurd sie vielleicht gewesen sein mag. Er weist darauf hin, dass diese Liste enorm viele Leben zerstört hat, nicht nur Berufskarrieren, sondern auch Privatleben, und dass die Liste letztlich auch etliche Menschenleben gekostet hat, denn nicht wenige wussten keinen anderen Ausweg als Selbstmord. Gerade hier bleibt „Trumbo“ für mein Gefühl ein wenig zu vage, zu brav. Okay, er will nicht die Geschichte der Kommunistenhatz in Hollywood im Ganzen erzählen, er will die Geschichte Dalton Trumbos erzählen, so gesehen ist eine Einengung des Fokus‘ völlig in Ordnung, doch wäre es nicht sehr aufwendig gewesen, zumindest einen kurzen Blick auf das ganze Ausmaß der Hysterie zu werfen, vor allem auf ihre Folgen. In Trumbos engstem Umfeld finden sich schon ein paar exemplarische Schicksale, letztlich aber geht auch etwas zuviel Zeit durch die Familienszenen drauf, die vielleicht notwendig sind, um Trumbos gesamte Situation zu erklären, die eben auch den Privatmenschen zeigen wollen und das, was er mitunter aufs Spiel setzen musste, doch ist das Thema an sich so spannend und politisch, dass es von mir auch durchaus etwas pfeffriger hätte werden können.

   Doch es gibt auch viele sehr gelungene und unterhaltsame Passagen, bissig, teilweise fast schon von verschmitztem Humor, etwa wenn man verfolgt, wie sich Trumbo jahrelang mit List und Tücke am Rande des Establishments sozusagen in den Schatten duckt, um dann zur richtigen Zeit plötzlich wieder emporzuspringen, weil er genau weiß, wie der Laden läuft und weil er ebenso genau weiß, dass man gute Schreiber immer gebraucht, und die Fanatiker über kurz oder lang locker lassen müssen. Auf Seiten der Bösen ist besonders Helen Mirrens genüssliche Darstellung der Hedda Hopper hervorzuheben, einer ätzend giftspritzenden Kommunistenfresserin, die ihre Macht als Klatschkolumnistin rücksichtslos genutzt hat, um die bösen Roten aus dem Apparat zu drängen und eine regelrechte Hexenjagd in Hollywood auf die Beine zu stellen. An ihrer Seite wirkt John Wayne fast schon wie ein gutmütiger Dummbär, während andere eifrige Inquisitoren sich plötzlich selbst hinter Gittern wiederfinden, weil sie Steuern hinterzogen haben. In einigen Passagen kriegt man einen Eindruck von der Atmosphäre damals, der Angst vor Bespitzelung und Verfolgung, dem speienden Eifer der Inquisition, der widerlichen Selbstgefälligkeit des US-Establishments, das sich ja auch am Ehepaar Rosenberg tatkräftig ausgetobt hat in der bewährten Mischung aus Kommunisten- und Judenhass.

 

   Wie gesagt, tolle, aufregende Geschichte, deren Brisanz man auch heute nicht unterschätzen sollte, und in einigen Sequenzen wird das Potential auch ganz gut ausgeschöpft – nicht immer allerdings, und trotz ausgezeichneter Schauspieler und eines streckenweise recht pointierten Drehbuchs wird die Möglichkeit zu einer richtig bösen Politsatire nicht genutzt, da greift dann wahrscheinlich doch wieder der Mechanismus von der einen Krähe, die der anderen nicht allzu nahe treten will, was hier sicherlich zutrifft, denn ein Regisseur wie Jay Roach scheint selbst ja auch fest ins System eingebettet zu sein. (16.3.)