Unfriend von Simon Verhoeven. BRD, 2015. Alycia Debnam-Carey, William Moseley, Connor Paolo, Brit Morgan, Brooke Markham, Sean Marquette, Liesl Ahlers
Jede Generation kriegt den Horrorfilm, den sie verdient. Das hier ist der Horrorfilm für die Facebook-Generation, die Generation „on“, die Selfie-Generation. Die Generation, die mindestens immer und zu jeder Unternehmung das Handy und das Lappy dabeihat, um immer und überall mit der Community vernetzt zu sein. Die vernetzte Generation, und natürlich muss ein ordentlich fieser Horrorfilm genau das ad absurdum führen und uns Dummies klarmachen, dass gerade wer scheinbar am besten vernetzt ist und bei Facebook die meisten Freunde gesammelt hat, am Schluss am einsamsten sein wird.
Das trifft auf Laura allemal zu: Als die Geschichte losgeht, zählt sie knappe 800 Freunde auf Facebook, am Ende wird sie glatt bei Null angelangt sein. Vom allseits beliebten, bildhübschen Collegegirl inmitten einer sorglosen Clique junger hübscher Menschen und mit einer vermutlich sorglosen Zukunft. Dann taucht in der Mensa Marina auf, eine mysteriöse Außenseiterin, ein Nerd in dunkler Kutte mit bleichem Gesicht, und die hat Null Freunde bei Facebook. Laura hat irgendwie Mitleid, entschließt sich, ihre erste Freundin zu werden und wird fortan von dem seltsamen Mädchen regelrecht gestalkt. Doch erst als Laura einen Rückzieher machen und sich aus Marinas Facebook-Account zurückziehen will, geraten die Dinge wirklich auf ein erschreckend abwegige Bahn…
Jau, und dann nimmt das Unheil seinen Lauf und die sattsam bekannte und immer wieder beliebte Eskalationsmühle mahlt bis zum Gehtnichtmehr, bis alle von Lauras Freunden tot sind, bis ihr Facebook-Account genauso tot ist, und am Schluss ist sie der abgerissene Nerd inmitten lauter schicker Studentinnen, die sie schief von der Seite anstarren, und wahrscheinlich wird alles wieder von vorn losgehen. Ein schön gemeines Ende also, das unsere Heldin eben nicht aus der Sache wieder rauslässt, sondern sie an Marinas Stelle setzt, gebannt von einem Fluch, von dem sie sich nicht wieder befreien kann.
Alles blühender Unfug, selbstverständlich, aber wer sowas ernst nimmt, der ist doch wohl selbst schuld, oder? Hier geht’s darum, einen Liter Popcorn wegzudrücken, die Perle nebenan ein bisschen zu beknuddeln und in schön regelmäßigen Abständen vor Schreck im Sitz hochzuhüpfen. Den Fachbegriff dazu hab ich jetzt endlich auch gelernt: Jumpscares heißt das auf Schlau, und das trifft’s auch haargenau. Der eigentliche Spaß besteht ja nicht mal so sehr darin, ab und zu den Popo ein bisschen zu lüften, sondern vielmehr in der Erwartung, der Vorfreude. Man weiß schon einige Sekunden vorher, jetzt passiert‘s gleich wieder, und trotzdem erwischt‘s dich jedesmal, der optische Schock, die plötzliche Lärmattacke, alles hundertmal mitgemacht, alles im Grunde total vorhersehbar und irgendwie auch doof – aber schön! Warum lieben die Kids haarsträubende Achterbahnfahrten oder Abstürze aus großer Höhe? Genau aus demselben Grund. So funktioniert diese Sorte Horrorfilm nun mal, und auf ihre harmlose, wild effektheischende Art ist sie mir deutlich lieber als all das ganze kranke Splatterzeug, das mir noch nie Freude bereitet hat. Das hier ist schön standardisierter Hexengrusel mit und für Teenies, ein bisschen Ekel, ein paar gräusliche Insekten, ein paar finstere Fratzen und eine geheimnisvolle Behausung draußen auf dem Land, in der einst eine ganze Sekte den Tod fand. Aber ich geb auch zu, dass ich mich gar nicht sehr darum gekümmert habe, die Story zu verstehen, denn da gibt’s auch gar nicht so viel, hier geht’s nur um besagte Eskalation und einen effektvoll zelebrierten Abstieg in die Finsternis. Soweit ich das als jemand beurteilen kann, der solche Filme nun nicht gerade täglich verzehrt, ist das hier auch ziemlich passabel gelungen, für eine deutsche Produktion auf jeden Fall absolut auf internationalem Niveau (für diejenigen, denen das etwas bedeutet…). Schauspieler, Optik und Montage sind voll auf der Höhe der Zeit, und für neunzig schön schreckhafte Minuten hat es mal wieder gereicht. Und in angemessenen Abständen finde ich sowas eigentlich ganz entspannend. (12.1.)