Das Pubertier von Leander Haußmann. BRD, 2017. Jan Josef Liefers, Harriet Herbig-Matten, Heike Makatsch, Detlev Buck, Monika Gruber, Justus von Dohnányi, Marlon Kaindl, Simon Enge, Neele Marie Nickel, Philipp M. Franck, Leander Butz
Das Witzigste ist der Titel. Dafür hat sich Jan Weiler wahrscheinlich auch lang und gründlich auf die Schulter geklopft. Womit er gut zu Leander Haußmann passt, denn das ist auch ein Regisseur, der sich ständig auf die Schultern klopft. Ich habe inklusive diesem hier höchstens eine Handvoll seiner Filme gesehen, doch das langt völlig, denn sie alle haben diese schwer auszuhaltende Aura: Seht her, was für ein toller Kerl ich bin. Damit ist er ganz und gar ungeeignet für liebevolle Filme, bestenfalls für gehässige oder arrogante oder unlustige Filme. Das Thema von „Das Pubertier“ aber verlangt nach einem Regisseur, der ein wenig Gefühl und Empathie für seine Figuren aufbringt – Haußmann kann das nicht, und schon deshalb funktioniert dieses Werk vorn und hinten nicht. Seinen eklatanten Mangel an Empathie sieht man daran, wie er seine Figuren hier präsentiert – als Freaks, als Clowns, als schrille Karikaturen, die aber nicht zum Amüsement dienen (mir jedenfalls nicht) und auch nicht zum Aufzeigen einer tiefer liegenden Wahrheit. Der Unterschied zwischen albern und komisch müsste Haußmann dringend mal erklärt werden, denn den hat er noch nie so recht auf die Reihe gekriegt.
Der Film ist unseren Kindern und auch unseren Eltern gewidmet, wiederum eine durchaus schöne und passende Geste, doch kann Haußmann nichts dazu beitragen, sie irgendwie mit Leben und Glaubwürdigkeit zu füllen. Wir erleben eine etwas anstrengende Soloshow von Jan Josef Liefers (einem Schauspieler, den ich sonst wirklich sehr mag) als gestresster Vater (natürlich ein Schriftsteller, was auch sonst), der eines schönen Tages einsehen muss, dass seine kleine Prinzessin sich in ein struppiges, keifendes, launisches und in höchstem Maße unverständliches Wesen verwandelt hat, und der nichstdestotrotz alles in seiner Macht stehende anstellt, um sie sicher durch die gefahrvollen Wasser der Pubertät zu lotsen. Wir kennen das selbstverständlich und wissen, was kommt – je eifriger und intensiver seine Bemühungen, desto grotesker die Fehlschläge und desto peinlicher die daraus entstehenden Situationen. Denn wir wissen auch: Nicht nur unsere Kinder sind schräg und sonderbar, sondern wir Eltern auch, und wie. Egal, ob es nun um eine Mutter-Tochter-Kiste geht oder um eine Vater-Tochter-Kiste. Hier ist die Mama nur Staffage, und Heike Makatsch muss eine im Grunde vollkommen blasse, konturlose Rolle irgendwie gestalten, was eine ebenso undankbare wie letztlich unlösbare Aufgabe ist. Also kann die Mama nur beiseitetreten, um dem Herrn Papa das volle Rampenlicht zu überlassen, und Liefers ist immerhin präsent, geistreich und charismatisch genug, um sich unserer Sympathien zu versichern, auch wenn seine Rolle heillos überzogen und lebensfern ist, so wie alle anderen Personen auch. Und das ist natürlich das eine entscheidende Versäumnis – wenn solch eine Geschichte nicht irgendwie geerdet ist, wenn wir nur Karikaturen und Klischees und Extreme zu sehen kriegen, geht früher oder später der Witz flöten. Haußmann wollte vielleicht an Til Schweigers Universum andocken, der hat ja allen vorgemacht, wie man Familienfilme aus dem Wolkenkuckucksheim macht und damit Millionen scheffelt. Und so löst sich unweigerlich jede Minikrise alsbald in Wohlgefallen auf, bis hin zur finalen großen Versöhnungsszene auf dem Flughafen, die eins zu eins von Schweiger inszeniert sein könnte. Also, ich bin vielleicht ein etwas stockiger Kerl, aber solch ein schönes Thema, mit dem ich natürlich auch eine Menge Erinnerungen und Gefühle verbinde, ist mir einfach zu schade für diesen banalen Scheiß. Ich fühlte mich an die Niederungen der neudeutschen Komödien erinnert, denen nichts zu platt und zu doof war, und Haußmann schlägt eigentlich in diese Kerbe, ist sogar so cool, um für sich noch ein bisschen Eigenwerbung zu machen.
So kommt es, das ein selbstgefälliger Scheißregisseur die Chance versiebt, wenigstens eine schöne, witzige Familienkomödie über eine Sache zu machen, mit der nun wirklich jeder was anfangen kann, die schließlich auch jede(r) auf die eine oder andere Weise am eigenen Leib durchlaufen hat. Und man sieht daran schon, wie schwer das im Grunde ist, denn man baucht Fingerspitzengefühl für den richtigen Ton. Hier geht’s über neunzig Minuten derb und hektisch zu, und wirklich nur ganz selten gelingt mal ein Moment, der mir ein Lächeln aufs Gesicht zwingt. Schade ums Geld, die neun Euro hätt ich besser irgendjemandem in den Hut werfen sollen. (6.7.)