Ôtez-moi d'un doute (Eine bretonische Liebe) von Carine Tardieu. Frankreich, 2017. François Damiens, Cécile de France, André Wilms, Guy Marchand, Alice de Lencquesaing, Esteban
Der hundsdämliche deutsche Verleihtitel fischt natürlich wieder massivst in Wohlfühlgewässern, und ich war entsprechend auch schon für und gegen alles gewappnet, und überhaupt hatte mich eh nur die Liebe zur Bretagne ins Kino gelockt. Zu meiner Erleichterung stellte ich aber recht bald fest, dass dies hier keines der ganz seichten Machwerke ist, die ihr Publikum (sprich die Frascati-Fraktion…) mit einer papierdünnen Story und viiielen Postkartenbildern umschmeicheln. Ich meine, in diesem einen Fall hätt ich sogar mal nix gegen ein paar hübsche Bretagne-Impressionen gehabt, doch davon gibt’s tatsächlich nur sehr wenige und die dann auch nicht im berüchtigten Pilcher-Modus. Unterm Strich ist mir das natürlich viel lieber so, also fahr ich wieder selbst hin und erfreue mich stattdessen an einer sehr launigen und launischen Familiengeschichte mit allem, was das Thema anzubieten hat. Happy End inklusive, ist ja fast noch Weihnachten…
Erwan arbeitet beim Kampfmittelräumdienst und lebt als Witwer zusammen mit seiner Tochter Juliette, die ist noch sehr jung und politisch sehr engagiert und nun auch noch schwanger, ohne allerdings den Namen des Erzeugers nennen zu können – alles, was sie erinnert, ist eine Zorromaske im Rahmen einer feuchtfröhlichen Party. Für den grundsoliden, bodenständigen Papa zwar ein Unding, aber wie könnte er dem Töchterchen schon ernsthaft böse sein. Er selbst verliert alsbald gründlich die Bodenhaftung, als sich im Rahmen einer pränatalen Diagnostik herausstellt, dass er und sein Vater Bastien absolut keine gemeinsamen Gene haben. Nach einen kurzen Moment der Leere und Verblüffung fällt dann der Groschen: Erwan ist gar nicht Bastiens Sohn. Wie nun mit dieser enormen Neuigkeit umgehen? Alles so lassen, wie es war oder doch nachforschen, was das für ein Typ ist, der einst in jungen Jahren die Mama verführte. Eine Detektivin wird engagiert, und bald schon hat Erwan einen Namen und eine Adresse. Der alte Herr heißt Joseph und lebt im nahen Étel, und Erwan heftet sich zunächst mal diskret an seine Fersen, beschnuppert ihn nur, nimmt dann aber doch Kontakt auf und stellt fest, dass es sich um einen sehr liebenswürdigen Herrn handelt. Parallel dazu macht er bei einem nächtlichen Wildschweinunfall die Bekanntschaft der attraktiven Anna, und nach weiteren Zusammentreffen stellen beide fest, dass die Zuneigung auf Gegenseitigkeit beruht. Leider stellt sich bald heraus, dass Anna ausgerechnet Josephs Tochter ist…
Und so weiter und so fort. Erwans Freude über den neu gefundenen biologischen Vater wird natürlich arg getrübt von der Einsicht, dass er wohl kaum mit seiner Halbschwester anbändeln kann, und auch Anna ist alles andere als begeistert, denn ihre Versuche in Sachen Männer waren bislang nicht gerade erfolgreich gewesen, und der gute Erwan weckte neue Hoffnung. Abgesehen sorgen auch Juliette und ihr Kind bzw. die Suche nach dem Erzeuger für Spannung, denn so sehr Erwan dafür plädiert hatte, den Knaben unbedingt ausfindig zu machen, so ernüchtert ist er dann, als er „Zorro“ vor sich hat. Und natürlich ist da auch noch Bastien, dem Erwan zunächst nichts sagt, der aber schon längst Bescheid wusste und Erwan dennoch stets wie seinen Sohn liebte und aufzog. Als sich dann schlussendlich herausstellt, dass Joseph doch nicht Erwans Vater ist, wird der Weg frei für Erwan und Anna, und das Drehbuch sorgt umsichtig dafür, dass es auf ganzer Linie keine Verlierer geben wird. Ist ja fast noch Weihnachten…
Niemand hat wohl damit gerechnet, dass der Film den Boden der friedfertigen Familienkomödie verlassen könnte, und natürlich tut er das auch nicht, doch andererseits vermeidet er konsequent allzu seichte Gewässer und peppt die Story mit einer schönen Portionen schlagfertigen Humors auf. Die allesamt recht eigenwilligen, knorrigen Typen liefern sich ein paar hübsche Dialoge, und schräge Vögel und schrägen Situationen sorgen auch mal für etwas handfestere Komik. Zudem sind sämtliche Hauptrollen ganz ausgezeichnet besetzt, und ich was besonders froh, meinen alten Lieblingskinofranzosen Guy Marchand mal wieder auf der Leinwand zu sehen, auch wenn er deutlich sichtbar achtzig Jahre alt ist. Mich hat’s jedenfalls gefreut, und überhaupt ist dieser Film eine ganz erfreuliche Angelegenheit, auch wenn ich sicherlich nicht behaupten könnte, dass ich mich noch Jahre später an ihn erinnern werde. Muss ja auch nicht immer sein. Erst recht nicht so kurz nach Weihnachten… (30.12.)