Logan Lucky von Steven Soderbergh. USA, 2017. Channing Tatum, Adam Driver, Daniel Craig, Riley Keough, Katie Holmes, Farrah Mackenzie, Brian Gleeson, Jack Quaid, Seth McFarlane, Katherine Waterston, Hilary Swank
Erst sagt der Soderbergh, er wolle keine Filme mehr machen, und dann überlegt er es sich drei Jahre später schon wieder anders – albern oder publicityträchtig oder launisch, ganz egal, wie man es sieht, Hauptsache, er ist wieder an Bord, denn auch wenn er sich diesmal ganz betont außerhalb des Studiosystems positioniert, so ist er natürlich trotzdem eine immens wichtiger, alternative, unabhängige Stimme im US-Film, heute wie schon vor fast dreißig Jahren.
Für seine „Rückkehr“ auf die Bühne (obwohl, so richtig abwesend war er ja nie…) wählt er ein altbekanntes Genre und gibt ihm einen liebenswürdigen Hinterwäldler-Anstrich. Der große Coup mit Flanellhemd und John-Denver-Songs, keine hippen Supergauner à la Danny Ocean und Co., sondern eher simpel gestrickte Landeier aus der Gegend zwischen Virginia und North Carolina. Zum Beispiel die Logans – Jimmy und Clyde haben eine Vergangenheit als gescheiterte Räuber, Clyde hat in Irak den linken Unterarm verloren und jobbt nun als Barkeeper, und Jimmy hat eine Ehe in den Sand gesetzt, weil die Gattin nach Höherem strebte (und sich jetzt auch Höheres an Land gezogen hat), und so sieht er seine Tochter Sadie nur noch zu festgesetzten Zeiten. Nicht genug damit, er verliert auch noch seinen Job, und so kramt er zu guter Letzt wieder seine alten Grundsätze hervor und pinnt sie an die Wand. Regeln für den gelungenen Bankraub, und er glaubt immer noch daran. Sein letzter Arbeitsplatz war eine Baustelle unter der großen Rennbahn vom Charlotte Motor Speedway, wo jedes Wochenende große Geldsummen umgesetzt werden. Da will Jimmy ran, und er kann Clyde zum Mitmachen überreden, obwohl der es eigentlich besser wissen müsste. Jimmy hat alles soweit ausbaldowert – er weiß, wie das Geld transportiert wird und wo es unter dem Stadion landet, doch da wartet ein großer dicker Tresor, und der will gesprengt werden, und nun kommt noch eine zweite nicht minder bizarre Familie ins Spiel, und das sind die drei Gebrüder Bang…
Poor White Trash statt coole Eleganz und Maßanzüge, Schmuddelfrisuren und unrasierte Pickelvisagen statt gelackter Superstars, aber der funky Drive von David Holmes ist immer noch da und vor allem Soderberghs Talent für pfiffig erzählte, überaus vertrackte Stories, denen zu folgen geschweige denn die voranzutreiben normalerweise die Möglichkeiten dieser Protagonisten hier ganz sicher übersteigen würde. Und da liegt meiner Ansicht nach denn auch eine kleine Schwäche, denn das Drehbuch gibt sich alle Mühe, Jimmy Logan als guten aber auch etwas schlichten Kerl zu zeichnen, einen hemdsärmeligen Typen, dem das Leben schon mitgespielt hat und der auf jeden Fall bisher mit all seinen Ideen und Plänen auf die Nase gefallen ist, und zwar nicht nur, weil er Pech hatte. Und dieser Jimmy Logan hat nun einen Coup ausgetüftelt, der derartig verschachtelt und bis in jede Abzweigung genial geplant ist, dass man dafür fast schoneinen Hochschulabschluss gebraucht. Also nee, ich weiß nicht. Soderbergh schickt der eigentlichen Story am Schluss ja noch eine andere hinterher, eigentlich ein sehr netter Twist, aber der macht den Jimmy Logan im Nachhinein ja noch eine Spur genialer, denn selbst was zunächst wie eine Panne aussah, war von langer Hand vorbereitet und gewollt, also wow, dafür muss man schon ein echtes Master Mind sein, denke ich. Passt nicht so ganz zu Channing Tatums liebenswürdig stoischem Tanzbär, aber wenn man das geschluckt hat, ist auch alles okay. Soderbergh mischt die Zutaten sehr souverän, baut viel Hinterland-Country-Feeling ein, nimmt uns mit in ein Amerika, das mit dem Großstadtmilieu rein gar nichts zu tun hat, dosiert ein wenig Slapstick dazu, jede Menge Situationskomik und vor allem staubtrockene Dialoge, an denen Jim Jarmusch seine Freude hätte. Kein dramatisches Heist Movie, stattdessen phlegmatisch und relaxt dahintreibende Szenen, keine Gewalteskalation oder ähnliches, stattdessen angetäuschte Spannung, geschickt aufgebaute Erwartung, Situationen, die leicht und locker auspendeln. Reale Spannung kommt eigentlich nicht auf, ist aber offenbar auch gar nicht beabsichtigt, obwohl ich durchgehend schmunzelnd und interessiert gewartet habe, wie sich dieser Coup denn nun entwickeln und wie die Pointe aussehen würde, denn dass es eine geben wird, stand von vornherein außer Frage.
Ein sehr amerikanischer Film über ein amerikanisches Spektakel (NASCAR Rennen am Memorial Day mit America ´tis of thee und allem Drum und Dran) und vor allem einem sehr amerikanischen Personal. Tatum und Driver sind klasse als schräge Nerds, Keough und Holmes sind so richtige Tussis mit Hairdo und nail extensions, die kleine Sadie macht einen auf Shirley Temple, und die bärbeißige Swank weiß am Ende wahrscheinlich selbst nicht, ob sie angepisst oder doch amüsiert sein soll. Soderbergh hat ohne Frage gewichtigere und auch bessere Filme gemacht, aber als flott swingende Mensch- und Milieustudie mit kniffligem Plot ist „Logan lucky“ allemal gut zu gebrauchen. Und natürlich lohnt es ohnehin, den sonst immer schick gewandeten 007 mal in prolligstem platinblond zu erleben… (25.9.)