Passengers von Morten Tyldum. USA, 2016. Jennifer Lawrence, Chris Pratt, Michael Sheen, Laurence Fishburne

   Die Schar der Nörgler war nicht gerade klein an diesem Sonntagnachmittag – zu wenig Action, zu wenig Blut, das war gar kein Science Fiction, das war Romeo und Julia, und so weiter. Allgemeine Unzufriedenheit, allgemeines Gebrummel. Ich hingegen verließ doch ziemlich aufgeräumt das Kino, hatte einen Film gesehen, der meine Erwartungen deutlich übertroffen hat, was zum einen vermutlich daran liegt, dass ich wenige bis nur sehr unklare Erwartungen hatte, und zum anderen maßgeblich daran, dass der Film wirklich gut ist, nur eben nicht unbedingt fürs Popcornpublikum attraktiv.

   Das liegt schon am äußeren Rahmen, der nicht gerade ausuferndes Kommerzkino verheißt: Eigentlich haben wir zwei Hauptfiguren und dazu noch zwei Nebenfiguren, und das war’s. Dazu die verschiedenen (zugegeben äußerst fantasievollen) Innendekorationen eines riesigen Raumschiffs, eine Ahnung von den unendlichen Weiten des Weltraums drumherum, aber mehr auch nicht. Eine einzige elementare Situation, die variiert und leicht entwickelt wird, die sich aber bis zum Schluss durchzieht und auch nicht irgendwie gelöst wird, weil sie halt nicht gelöst werden kann, jedenfalls nicht im herkömmlichen Sinne und erst recht nicht zu unserer Befriedigung, denn wir streben natürlich mehrheitlich nach einem Happy End, jedenfalls einem klaren Ende und einer ebenso klaren Lösung aller Konflikte. Ziemlich schnell ist hier klar, dass es dazu diesmal nicht kommen wird, es sei denn, das Drehbuch schlägt noch abenteuerlichere Volten, als es dies ohnehin schon tut.

   Ein großer Raumtransporter namens Avalon auf dem Weg von der vermüllten Erde hin zu einer sehr fernen Kolonie, auf der die insgesamt fünftausend Passagiere ein neues Leben beginnen wollen. Die Reise dauert normal gerechnet über einhundert Jahre, und so werden die Passagiere in einen Tiefschlaf versetzt, der ihr Altern verhindert. Aus diesem Schlaf erwacht Jim ungefähr neunzig Jahre zu früh, weil das Schiff von einem Asteroidenhagel getroffen und dauerhaft beschädigt wird. Jim erkennt bald, dass er allein auf dem Schiff ist, bzw. der einzig wache Mensch, während alle übrigen, die Crew eingeschlossen, weiterschlafen. Das Schiff mitsamt aller Annehmlichkeiten und Funktionen steht ihm zur Verfügung, doch er findet keinen Weg, sich wieder in den Tiefschlaf zu versetzen, oder die Crew zu verständigen. Er weiß, wenn er keinen Ausweg findet, wird er vor Ankunft der Avalon in der Kolonie tot sein. Einzig der Roboter Arthur dient ihm als Gesprächspartner, ein Roboter, der die Bar bedient. Doch dann sieht er eines Tages eine schöne Blondine in einer der Schlafkammern, und sofort spielt er mit dem Gedanken, sie einfach auch aufzuwecken, damit er Gesellschaft hat. Wie man sich denken kann, setzt er die Idee nach heftigen inneren Kämpfen in die Tat um, und wie man sich auch denken kann, wird daraus zunächst mal eine Liebesgeschichte, und wie man sich weiterhin denken kann, kriegt diese Liebe einen ziemlichen Knacks, als ihr klar wird, wieso sie geweckt wurde. Die beiden finden aber wieder zusammen über die Notwendigkeit, das Schiff zu reparieren, und nachdem sie dies unter Einsatz ihres Lebens hingekriegt haben, beschließen sie, in Frieden bis ans Ende ihrer Tage miteinander zu leben und die Avalon in der Zwischenzeit ein wenig wohnlicher zu gestalten…

   Also tatsächlich eher eine Liebesgeschichte, allerdings eine mit integriertem Abgrund, denn so nett und hübsch die beiden auch zusammen ausschauen und harmonieren mögen, es lässt sich nicht ignorieren, dass Jim höchst egoistisch und grausam gehandelt und Aurora letztlich um ihre Zukunft gebracht hat. Diese Tatsache steht zwischen den beiden und auch zwischen Jim und uns, und mögen die zwei am Ende auch noch so glücklich miteinander werden, es bleibt ein Fakt, dass Jim dieses Glück erzwungen hat und sie sicherlich niemals zugestimmt hätte, wenn sie die Wahl gehabt hätte. Eine merkwürdige Zwiespältigkeit begleitet uns also die ganze Zeit über, sie gibt der Romanze einen entschieden dunklen Unterton und sie gibt dem Film eine Grundspannung, die bis zuletzt bestehen bleibt und zwischendrin sehr effektvoll eskaliert, sozusagen im Kontrast zu der Bedrohung von außen, die erst recht spät im Film konkreter wird, als Larry Fishburne als Offizier ebenfalls aufwacht und den beiden klarmacht, dass auf dem Schiff irgendetwas grundsätzlich nicht in Ordnung ist und man die Ursache der zunehmenden Systemstörungen schleunigst finden sollte. Hier nimmt der Film dann ordentlich Fahrt auf und bewegt sich zum ersten Mal in Richtung eines ganz normalen Unterhaltungsfilms, es wird richtig spannend und dramatisch, wie es halt auch sein soll, und auch diese Szenen sind sehr solide und vernünftig gestaltet.

 

   Ansonsten ist dies in erster Linie Schauspielerkino, und ich persönlich hätte mir natürlich schon einen anderen, wenn man so will würdigeren Partner für die tolle Jennifer Lawrence gewünscht als Mr. Pratt, der arg durchschnittlich aussieht und rüberkommt und gerade neben ihrer gewohnt eindrucksvollen Präsenz recht blass bleibt. Da ihm die erste halbe Stunde auch noch fast allein gehört und er sich mit solch erstklassigen Charaktermimen wie Sheen und Fishburne zu messen hat, wiegt dieser Umstand leider umso schwerer. Aber wenigstens ein bisschen Teenieappeal sollte der Film offenbar schon haben, und die Mädels werden den Herren sicherlich ganz schnucklig finden – ich fand ihn eher fad. Von dieser Schwäche abgesehen ist dies ein sehr ordentlicher Unterhaltungsfilm mit Gefühl und Spannung und einem doppelten Boden, der mich zumindest durchgehend beschäftigt hat. Gemessen an dem, was Hollywood auf dem Science-Fiction-Bereich sonst so produziert, stellt „Passengers“ für mich eine sehr angenehme Ausnahme dar und auf jeden Fall eine angenehme Möglichkeit, den unvermeidlichen Sonntagnachmittag rumzukriegen. Da hab ich in den letzten Jahren ganz anderes durchleiden müssen… (29.1.)