Return to Montauk (Rückkehr nach Montauk) von Volker Schlöndorff. BRD/Frankreich/Irland, 2017. Stellan Skarsgård, Nina Hoss, Susanne Wolff, Isi Laborde, Niels Arestrup, Bronagh Gallagher

   Mein letzter Schlöndorff-Film im Kino – ist Ewigkeiten her, wahrscheinlich „Die Stille nach dem Schuss“ kurz nach der Jahrtausendwende, danach noch zweimal TV, wovon rein gar nichts bei mir hängen geblieben ist – typisch für mein Verhältnis zu Schlöndorff, das ich wohl am besten mit „indifferent“ beschreibe. Gediegenes deutsches Kopfkino war halt noch nie so meins. Bis heute übrigens nicht, weswegen ich bei der Berlinale um „Montauk“ noch einen Bogen machte, mich aber nun von meinem ewigen Mitstreiter gern überreden ließ, nur um erwartungsgemäß meinen ursprünglichen Instinkt bestätigt zu finden. Schlöndorff macht noch immer gediegenes deutsches Kopfkino und wird wohl auch nie etwas anderes machen. Mag sein, dass er darin gut ist, mich spricht das einfach nicht an.

   Was mich im Besonderen nicht anspricht, genauer gesagt sogar ziemlich abstößt, sind die Seelenblähungen mittelalter intellektueller Männer, also jener egozentrischer, weinerlicher, im Selbstmitleid badender Geschöpfe, die Platon auf Griechisch kennen und auch eine Mahler-Symphonie sofort identifizieren können („Dein Geschmack hat sich verfeinert, sieh mal an“), die natürlich jede Menge vergeigter Beziehungen hinter sich haben und deren Standardsatz für ihre Frauen lautet: „Ich wollte dir nur nicht wehtun“. Noch Fragen? Ach ja, Schriftsteller sind sie auf jeden Fall, jede Liebesaffäre dient als Vorlage für den nächsten Roman, und dann gibt‘s da irgendwo tief in der Vergangenheit die eine Frau, die sie haben gehen lassen und der sie noch immer nachhängen. Und natürlich wird ihnen diese Frau in diesem Film unweigerlich über den Weg laufen, und natürlich wird dann alles wieder von vorne losgehen und natürlich wird alles unweigerlich in noch mehr Katzenjammer enden. Zwei kaputte Frauenherzen mehr und ein Intellektueller, der mit schwermütig-tiefem Blick aus dem Flugzeugfenster schaut. Also, Woody Allen hat sich in seinen besseren Filmen – leider in längst nicht allen! – über solche Typen genüsslich lustig gemacht, und das ist meiner Ansicht nach auch genau das einzige, was man mit ihnen tun kann. Schlöndorff, der hier einen Text von Max Frisch umkreist, tut das nicht, weil Ironie nicht sein Stilmittel ist. Dies ist also ein ganz ernst gemeinter Intellektuellenfilm, und damit ist er bei mir schon mal halbwegs durchgefallen. Nun hat auch Meister Bergman ein paar sehr ernst gemeinte Intellektuellenfilme gemacht, aber der war wenigstens ein Filmemacher, der seinen Stoff in neunzig Minuten aufs Äußerste verdichten und dramatisieren konnte. Auch das kann Schlöndorff nicht, konnte er noch nie. Gepflegtes, gewissenhaftes literarisches Handwerk ist seit jeher sein Geschäft, von Dramaturgie hatte er auch noch nie wirklich eine Ahnung, also dem Bergman könnte er auf diesem Gebiet (und auch auf keinem anderen…) niemals das Wasser reichen. Wieso also sollte ich mir einen Film wie „Montauk“ ansehen? Gute Frage, für deren Beantwortung Schlöndorff mir leider auch keine stichhaltigen Argumente liefern kann. Die Dialoge sind wie gewohnt gestelzt und wohlgesetzt, die Bilder rein und edel, es schleicht sich sogar der eine oder andere annähernd interessante Moment ein, doch alles in allem habe ich in einhundertfünf Minuten so gut wie nichts gesehen, das mein Interesse geweckt geschweige denn mich in irgendeiner Weise bewegt hätte. Und dafür muss ich den Schlöndorff dann fast schon wieder bewundern – ich meine, wer kriegt es schon fertig, solch tolle Schauspieler wie Stellan Skarsgård, Nina Hoss und Susanne Wolff so gründlich in der Luft hängen zu lassen? Diese drei schaffen es zwischendurch tatsächlich fast, den Film und das phlegmatische, schematische Drehbuch zum Leben zu erwecken, doch letztlich scheitern sie immer wieder am steifen literarischen Duktus und der Klischeehaftigkeit ihrer Figuren. Vor allem Skarsgård ist überhaupt nicht zu beneiden, wenn er auch noch Sätze aufsagen muss wie „Ich habe nie verstanden, was du in mir gesehen hast“ – und das, obwohl sein Max Zorn ansonsten ein wahrer Ausbund an männlicher Selbstgefälligkeit ist.

 

   Nun ja, ich will auch nicht zu viele Worte machen, das lohnt nämlich nicht. „Rückkehr nach Montauk“ ist unter dem Strich eine ziemlich sterile, zähe Angelegenheit, so wie der überwiegende Teil von Schlöndorffs Filmen, die ich kenne. Ich weiß nicht, ob er es überhaupt noch einmal schaffen wird, einen potentiell spannenden Stoff auch wirklich zu einem spannenden Film zu verarbeiten – und ich weiß vor allem nicht, ob ich nochmal Lust habe, das auszuprobieren. (Überredung wäre hier das Stichwort…) (24.5.)