Valerian and the city of a thousand planets (Valerian – Die Stadt der tausend Planeten) von Luc Besson. Frankreich, 2016. Dane DeHaan, Cara Delevingne, Clive Owen, Sam Spruell, Kris Wu, Rihanna, Ethan Hawke, Herbie Hancock, Alain Chabat

   Nun also, wo sich zu allem Überfluss auch noch das Sommerloch über die ohnehin extrem triste Bielefelder Szenerie breitet, gilt es, jeden Strohhalm zu ergreifen, und sei‘s auch nur, um mal wieder ordentlich das Popcorn krachen zu lassen. Und da freut‘s mich wirklich berichten zu können, dass ausgerechnet der olle Vollspinner Luc Besson für einen in dieser Hinsicht äußerst erfreulichen Frühabend gesorgt hat. Wie er das gemacht hat? Ganz einfach, er hat seine gewohnt üppig wuchernde Phantasie mal wieder in sympathischere Fahrwasser gelenkt und uns auf einen zweieinviertelstündigen, quietschbunten Trip quer durch Galaxie mitgenommen. Und das hat er so gut gemacht, dass auch ein trockner Geselle wie ich viel Spaß dabei hatte.

   Als Vorlage hat er sich eine französische Comicserie aus den 60ern rangezogen, und davon haben die Franzosen so viele, da hab ich nicht mal den Hauch einer Ahnung, aber ich finde schon, dass der Film der perfekten Comic-Ton trifft, eine Mischung aus Märchen und Actionfantasie, in Bessons Umsetzung mit Anklängen an „Avatar“ oder auch „Per Anhalter durch die Galaxis“ oder natürlich auch den Star-Wars-Filmen. Familiengerecht irgendwie, nach heutigen Kriterien natürlich. Das heißt, es wird kein apokalyptisches Endzeitszenario entworfen, sondern eher eine sozial-ökologische Zukunftsvision eines multikulturellen Gebildes namens Alpha, das wegen Überfüllung die Erde verlassen und sich zu fernen Galaxien aufmachen muss. Die Idee eines babylonischen Konstrukts, einen bunten Völkergemischs, einer symbiotischen Gemeinschaft aus verschiedentlich spezialisierten Lebewesen, die einander befruchten aufgrund ihrer Spezialisierung, ihrer Intelligenz, ihrer Fähigkeiten. Tja, und alles könnte so schön sein, wenn da nicht die Spezies Mensch wäre mitsamt ihrer Unfähigkeit, in Frieden zu leben. Und so wird ein paradiesischer Planet mitsamt der meisten Einwohner vernichtet und viele Jahre später geht die Handlung damit los, dass sich die Überlebenden dieses Planeten auf Alpha eingenistet haben mit dem Ziel, wieder in die alte Heimat zu kommen. Ist auch egal, ist im Grunde alles Unfug und nur der Aufhänger für die sich daraus ergebenden Abenteuer unseres Heldenpaares, zweier Agenten, die unversehens und voller Tatendrang bzw. Idealismus (in ihrem Fall) oder Geltungsbedürfnis (in seinem Fall) in das Geschehen eingreifen und es nach vielen wilden Turbulenzen zu einem glücklichen Ende führen und die Bösewichter außer Funktion setzen können.

 

   Das Schöne daran ist, dass Besson gar nicht erst versucht hat, die Comicvorlage zu verleugnen und gar wirkliche, komplexe Charaktere zu schaffen. Er belässt es bei Comicfiguren, belässt es auch bei einem übersichtlichen Gut-Böse-Schema und richtet die Dramaturgie ganz ungeniert auf Hochtouren ein, ohne dabei die komischen Einlagen außer Acht zu lassen, denn davon gibt‘s reichlich in Form vieler putziger Kreaturen aus den Weiten des Weltalls. Rhianna hat einen angemessen schrillen Auftritt als Wesen mit stetig wechselndem Äußeren, und Herbie Hancock trägt ´ne Kastenbrille wie zu schlimmsten Funkzeiten in den frühen 80ern. Echt geil, Mann… So nimmt sich dieser Film niemals wirklich ernst, schon gar nicht das romantische Paar, das sich vornehmlich Wortgefechte nach Art klassischer Screwball-Comedies liefert. Er gibt den etwas einfältigen, aber eben heldenhaft mutigen und tatkräftigen Macho, die sie kämpferische, frauenbewegte und meinungsfreudige Partnerin, die ganz nach Frauenart abwechselnd lockt und dann wieder kratzt und beißt. Sehr amüsant gestaltet und gespielt (Cara Delevingne hat dazu ein perfektes Comicgesicht, das fast nur aus Augen zu bestehen scheint und entsprechend effektvoll ins Bild gerückt wird) und vor allem eminent wichtig, um jedes Pathos und jede Feierlichkeit gleich im Ansatz abzuwürgen oder ironisch zu unterwandern. Auch die zahlreichen menschlichen Uniformträger kommen nicht allzu würdig aus dem ganzen Spektakel heraus, lediglich die grazilen Geschöpfe des paradiesischen Planeten Mül gelangen an ihr Ziel, höchstens vielleicht auch unsere Helden, die am Schluss an jenem Strand relaxen, den er ihr einst versprach, als er ungeschickt um ihre Hand anhielt. So hat die Story ein schön kitschiges Happy End ganz ohne dunkle Töne, familientauglich eben und gerade wie man es braucht, wenn draußen in Bielefeld der Sommer im Dauerregen absäuft und man sich auch auf einen fernen Planeten Mül wünscht, wo es nur Sonne und Strand gibt und man sich um nichts weiter zu sorgen braucht. (25.7.)