The mountain between us (Zwischen zwei Leben) von Hany Abu-Assad. USA, 2017. Kate Winslet, Idris Elba, Dermot Mulroney, Beau Bridges

   …aber im Grunde ist dies natürlich nur ein Zweipersonenstück, und zwar die Geschichte von Alex, Journalistin, und Ben, Neurochirurg, die bei Sturm und Winter beide ihren Anschlussflug von Boise, Idaho nach Denver verpassen und deshalb spontan eine kleine Propellermaschine samt altem Pilot chartern, weil sie es nämlich eilig haben: Sie wird am kommenden Tag heiraten und ihn erwartet eine wichtige Operation. Walter, der alte Vietnamveteran, versichert ihnen, dass er sie sicher über die Berge und durch den Sturm nach Denver fliegen wird, doch just über dem entlegensten Gebiet kriegt er einen Schlaganfall, und die Maschine kracht in den Schnee. Der Pilot überlebt das nicht, wohl aber sein Hund und natürlich seine beiden Passagiere, und die haben im Folgenden die Alternativen, in eisiger Kälte und totaler Abgeschiedenheit auszuharren, bis irgendjemand sie wie durch ein Wunder findet, oder aber sich durch die verschneite, raue Hochgebirgsgegend auf den Weg machen in der ebenso unwahrscheinlichen Hoffnung, irgendwo auf menschliches Leben zu stoßen. Er favorisiert erstgenannte Variante, weil sie sich bös am Bein verletzt hat und deshalb die Chance, aus den Bergen heraus zu kommen, eher gering ist. Sie votiert für die zweite Lösung, weil sie sicher ist, dass vor dem Crash kein Notsignal abgesetzt werden konnte und sie deshalb niemals jemand hier oben finden würde. Um den anhaltenden Streit abzukürzen, marschiert sie eines Morgens mitsamt des Hundes einfach los und stellt ihn vor die Wahl, allein zurückzubleiben oder sich ihr anzuschließen. Zu ihrer Erleichterung wählt er die letztere Option, denn auf dem beschwerlichen Weg abwärts ins nächste Tal muss er ihr noch mehrmals das Leben retten, und nicht nur deshalb kommen sich die beiden im Laufe ihrer gemeinsamen Zeit näher. Und wer vielleicht dachte, das Überleben in der Wildnis sei schon die größte Prüfung für die beiden gewesen, der wird sich eines Besseren belehren lassen müssen…

   …denn so erwachsen, zupackend und stark sich die beiden in Bergen, Eis und Schnee angestellt haben, so verzagt, unreif und bekloppt verhalten sie sich nach ihrer Rückkehr ins Leben. Unter diesem wenig glaubwürdigen Bruch leidet der Film auch, jedenfalls was mich betrifft. Das erste Dreiviertel ist durchweg klasse, tolle, großartige Landschaftsbilder, zwei Schauspieler, die ihre ganze Präsenz in die Waagschale legen und phantastisch miteinander harmonieren, und viel Spannung ohne großes Spektakel (trotz Pumaangriff, Beinaheabsturz und Bärenfalle). Die Szenen, in denen sich versuchen, einen gemeinsamen Weg zu finden und sich ein bisschen kennenzulernen, sind ausführlich und überzeugend und sorgen dafür, dass dies nicht nur ein Survivaldrama ist. Und auch ohne die für meinen Geschmack überflüssige Sexszene hätten wir verstanden, dass sich zwischen ihnen etwas aufbaut, das nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, das ihr Leben ebenso nachhaltig verändern wird wie ihre Erfahrung in der Wildnis, durch die sie sich tagelang ohne realistische Aussicht auf Rettung gekämpft hatten. Doch sobald die beiden wieder den Boden der „Zivilisation“ unter den Füßen haben, scheinen Drehbuch und Regie vom Mut verlassen worden zu sein, und aus dem bildstarken, emotionsgeladenen Drama zuvor wird eine banale und leider auch banal gestaltete Boy-meets-Girl-Story, die letztlich nur auf das erwartbare Happy End hinausläuft. Aber die Produzenten wussten wohl schon, was sie wollten und vor allem, wen sie ansprechen wollten, denn auch meine bessere Hälfte drohte üble Konsequenzen an, wenn die beiden sich nicht kriegen sollten…

   Ich für meinen Teil hätte gerne weiterhin einen Film unter Erwachsenen gesehen und vor allem einen Film, der seine Intensität bis zuletzt beibehält, doch die Erzählung wird im letzten Viertel bruchstückhaft, fahrig, dabei komplett vorhersehbar, denn sobald wir einen ersten Blick auf Alex‘ Zukünftigen geworfen haben, ist sonnenklar, wohin der Hase läuft, denn dass der nette, empathische, kultiviert ergraute Dermot Mulroney nie und nimmer ein Konkurrent für Idris Elba sein kann, kapiert sofort jedes Kind. Die merkwürdige Blockade, von der Alex und Ben befallen werden und die sie zunächst daran hindert, ihre Liebe offen auszuleben, wird in keiner Weise glaubhaft oder motiviert, sie passt auch nicht zu den Menschen, die wie vorher kennengelernt haben und aus denen urplötzlich wieder ganz normale Stadtneurotiker aus einer ganz normalen Romcom geworden zu sein scheinen.

 

   Damit verspielt Abu-Assad einiges von dem, was er sich in den ersten neunzig Minuten durchaus eindrucksvoll aufgebaut hat. Ich stehe dem Film auch weiterhin durchaus wohlwollend gegenüber, finde aber schon, dass er noch viel besser hätte werden können, wenn er auf diesen enttäuschend konventionellen Ausklang verzichtet hätte. Ich meine, es hätte ja auch Alternativen gegeben, ohne das Weihnachtspublikum gleich in totalen Frust zu versetzen, oder? Immerhin kann der Film mit zwei ganz fabelhaften Schauspielern und ebenso imposanten Bildern für die ganz große Leinwand punkten, und das tut er auch, und da wie gesagt bald Weihnachten ist, will ich‘s mal dabei bewenden lassen… (9.12.)