Isle of Dogs von Wes Anderson. USA, 2017.

   Wahrscheinlich liegt’s an mir – ich weiß selbst nicht, was in diesem Jahr los ist. Da sitz ich einhundert Minuten im Kino, bekämpfe mehr als einmal ein dringendes Schlafbedürfnis, und am Ende denke ich, na ja, ganz nett der Film, so what? Und „ganz nett“ hat mir eigentlich noch nie gereicht.

   Anderson erzählt in stop-motion-Animation eine Zukunftsgeschichte eines halbwegs faschistisch aussehenden, totalitären Japans, in dem Hunde entweder vernichtet oder auf unwirtliche Inseln ausgelagert werden und in dem ein selbstherrlicher Führer-Bürgermeister mitsamt seinem Clan über Megasaki City herrscht und keinen Raum für Freiheit und Menschlichkeit lässt. Ein kleiner Junge namens Atari schließlich setzt eine veritable Lawine in Gang, als er in einem selbstkonstruierten Fluggerät rüber zur Insel der Hunde fliegt, um seinen geliebten Spots zu finden und zu retten. Er stürzt ab, wird von anderen Hunden gefunden, und es beginnt eine mühsame Reise durch riesige verseuchte, verrottete, verkommene Industriegebiete, doch schließlich wird nicht nur Spots gefunden, es gelingt den Hunden mit Ataris Hilfe und der Hilfe einer engagierten amerikanischen Gastschülerin, die Herrschaft der Kobayashis ein für allemal zu beenden und wieder Frieden und Freiheit in Megasaki City einkehren zu lassen. Dass es für die Vierbeiner auch gut ausgeht, versteht sich dabei von selbst…

 

   Für den Film spricht in jedem Fall seine sehr korrekte Haltung, also gegen Diktatur, Unterdrückung, Korruption, Gewalt, Ökoterrorismus und was sonst noch alles, für ihn spricht in jedem Fall seine sehr originelle künstlerische Gestaltung, sowohl optisch als auch musikalisch, das geht perfekt zusammen, da treffen originelle Trickideen, Kunstzitate, Comiceinschübe auf japanische Trommelrhythmen und weiche Westcoastklänge, aber das kann Anderson gut, konnte er schon immer. Den einen oder anderen ganz skurrilen Gag habe ich auch noch im Hinterkopf, aber beim Stichwort Humor verlassen sie mich schon ein bisschen, denn sooo lustig ist „Isle of dogs“ dann doch nicht, bietet sich bei dem düsteren Thema und den gleichfalls düsteren Settings irgendwie auch nicht an. Ich habe den Film zumeist als eine etwas unentschlossene Mischung aus verschiedenen Tonlagen empfunden, mal recht erwachsen und smart und cool, dann wieder fast kindlich naiv, und so nähert er sich insgesamt auch seinem Anliegen an, falls man von einem solchen sprechen kann, alles ein wenig halbherzig oder zumindest für mein Empfinden nicht ganz überzeugend konzipiert. Die Erzählung selbst, in mehrere Kapitel inklusive einiger Rückblenden unterteilt, ist dramaturgisch wenig ansprechend, holprig, mit einigen Längen, etwas sprunghaft, genau wie man das von Anderson kennt, der immer jede Menge Dinge im Kopf zu haben scheint, dem es aber längst nicht immer gelingt, diese vielen Ideen in einen durchgehend stimmigen Film zu übertragen. Sie haben alle, jedenfalls soweit ich sie kenne, brillant Momente, hinreißend schräg und witzig, wie man sie noch in keinem anderen Hollywoodfilm sah, doch selbst seine bislang besten (Tiefseetaucher, Moonrise Kingdom, Hotel Budapest) haben immer ihre Leerstellen, so als sei Anderson gerade nichts eingefallen zwischen zwei Geistesblitzen. „Isle of dogs“ hat auch ein paar davon, aber deutlich weniger als die oben angesprochenen Filme, und nur weil er sich gekonnt einer Tricktechnik bedient, muss er noch lange nichts Besonderes sein. Ist er nämlich auch nicht. (23.5.)