The old man & the gun (Ein Gauner & Gentleman) von David Lowery. USA, 2018. Robert Redford, Sissy Spacek, Casey Affleck, Tom Waits, Danny Glover, Tika Sumpter, Elizabeth Moss
Eine ganz feine Spätlese nach vierzig Jahren, ein ungeniertes Stückchen Nostalgie, aber mit soviel Charme und leisem Humor, dass es auch einen toten Fisch wie mich angerührt hat. Zudem natürlich eine wunderbare Hommage an die große Zeit des New Hollywood und an zwei überaus prominente und erstklassige Protagonisten aus jenen fernen Jahren, die hier, wenn ich das richtig weiß, tatsächlich zum ersten Mal zusammenspielen, obgleich sie schon ewig im Geschäft sind. Und wenn dann auch noch das Gerücht die Runde macht, dies könne womöglich Redfords letzter Film sein, dann ist die Wehmut direkt spürbar im Kinosaal, der zumeist mit Gleichaltrigen gefüllt ist…
Redford ist diesmal Forrest Tucker (sic!), ein ewig umtriebiger Geist, der auch mit Mitte Siebzig noch nicht sesshaft und erwachsen geworden zu sein scheint. Und so raubt er tagtäglich Banken aus, ganz still und leise und friedlich und sogar fast freundlich. Er hat schon zigmal gesessen seit jüngsten Jahren, ist ebenso häufig wieder ausgebrochen, zum Teil auf spektakuläre Weise, beispielsweise aus St. Quentin. Und jetzt sind wir schon in den frühen 80ern, und Forrest Tucker hat zusammen mit seinen zwei alten Kumpels Tom Waits und Danny Glover eine coole Rentnergang auf die Beine gestellt, und die haben es nun schon auf mehr als sechzig Überfälle gebracht und sind jedes Mal locker und entspannt davongekommen. Die Cops sind wirklich nicht amüsiert, und schließlich bleibt Detective John Hunt aus Dallas, Texas an dem Fall hängen, jedenfalls so lange, bis ihn das FBI hochnäsig abserviert. Er verfolgt die Sache aber privat weiter, denn Tucker hat es ihm irgendwie angetan. Der alte Herr hat inzwischen die aparte Jewel kennengelernt, eine Witwe, die nun allein draußen auf ihrer Farm bei ihren Pferden lebt und durchaus nicht abgeneigt reagiert, als Forrest sich um sie bemüht. Er macht zwar ein bisschen Geheimnis um seine Person, beichtet aber doch bald, ein Gauner zu sein, und sie lässt sich wenigstens ein Stück weit auf ihn ein, muss aber dann doch mit ansehen, wie er verhaftet und anschließend eingebuchtet wird. Immerhin kann sie ihn dazu bringen, seine Haftstrafe diesmal abzusitzen und kein waghalsiges Ausbruchsmanöver zu riskieren. Doch schon bald nach seiner Entlassung und nach einem kurzen gemeinsamen Leben mit Jewels flackert die alte Unrast wieder in ihm auf, und nachdem er freundlich mit Hunt am Telefon geplaudert hat, geht er schnurstracks in die nächste Bank, einfach weil er nicht anders kann. Als er nach vier Überfällen an einem einzigen Tag wieder gefasst wird, lächelt er…
Eine leichte, gemütliche Gaunerposse, die einzig von ihrem Stil und vom Charisma ihrer handelnden Personen lebt, und auf beiden Gebieten ist der Film ziemlich erfolgreich. Lowery findet vor allem die hundertprozentig ideale Bildsprache, inszeniert den Film tatsächlich so, als könne er ebensogut von 1981 sein, inklusive Farbqualität und Bildausschnitt. Also schon aus diesem Grunde ein nostalgisches Vergnügen, stimmungsvoll untermalt von ein paar schönen alten Songs von Jackson C. Frank oder Scott Walker oder den Kinks. Noch vergnüglicher ist es natürlich, sich das Zusammenspiel der Stars anzuschauen, die den fast sanften, relaxten Ton der Inszenierung kongenial nachempfinden. Redford und Spacek sind einfach toll zusammen, ganz warm und locker und selbstverständlich, so wie erfahrene Leute das tun, wenn sie nicht mehr das Gefühl haben, ihre Kunst noch irgendwie zur Schau stellen zu müssen. Glover und Waits runden ein feines Gaunertrio ab, und ich habe mir schon gewünscht, dass diese beiden Herren etwas mehr Raum bekommen hätten, doch sie stehen sehr deutlich hinter Mr. Redford zurück, der den Film auf seine typisch unaufdringliche und einnehmende Weise trägt, und Spacek ist eine Schauspielerin, die in dieser Hinsicht sehr gut zu ihm passt. Wie übrigens auch Casey Affleck, der ja auch eher zurückhaltend und hintergründig spielt.
Dies ist einer von jenen angenehmen Filmen, in denen man schon ahnt, dass nichts wirklich Schlimmes geschehen wird, und das ist zwischendurch auch mal ganz schön. Kein Film, der das Pulver neu erfindet, keine Frage, aber eine äußerst sympathische und gekonnte Stilübung, die auf allen Ebenen den Ton perfekt trifft und uns mit zärtlichem Humor um fast vierzig Jahre zurückversetzt. Sicherlich nicht der ganz große Film, wenn es denn wirklich Redfords Abgang sein sollte, aber ein solcher Abschied passt fast noch besser zu ihm. (5.4.)