Stan & Ollie von Jon S. Baird. England/USA, 2018. Steve Coogan, John C. Reilly, Shirley Henderson, Nina Arianda, Rufus Jones, Danny Huston

   Laurel & Hardy sind hierzulande besser bekannt als „Dick und Doof“, und genau so lieblos wurden sie oft im hiesigen Fernsehen rezipiert und verwurstet, „Väter der Klamotte“ und dergleichen, man erinnert sich. Das täuscht sehr darüber hinweg, dass diese wunderbaren Komiker, die großartigsten, die es meiner Meinung nach in ihrem Bereich je gegeben hat, viel mehr zu bieten hatten als blanken Slapstick. Ihre geniale Komik funktionierte mit Ausnahme ihres müden und von schlechter Gesundheit gezeichneten Spätwerks auf ganz verschiedenen Ebenen, arbeitete mit Running Gags, wiederkehrenden Situationen und unsere Vorfreude darauf, vor allem auch ihrem immer wieder variierten Verhältnis zueinander. Natürlich auch Slapstick, aber auch hier entwickelten sie eine Kunstfertigkeit, die ihresgleichen suchte. Ich habe sie immer geliebt, liebe sie heute noch, und bin um diesen Film daher ein paar Wochen herumgeschlichen, und nun musste er herhalten, um mir einen Scheißmontag ein wenig zu erheitern, was aber zur zum Teil geglückt ist. Die unendliche Serie von Filmbiographien bekannter Künstler und anderer öffentlicher Gestalten ist um ein Exemplar länger geworden, aber nicht unbedingt reicher…

   Wir sehen die beiden in den frühen 50ern, 16 Jahre nach ihrem letzten großen Erfolg mit „Way out west“, nach der kurzzeitigen Trennung, die zustande kam, als Hardy noch einen verpflichtenden Vertrag bei Hal Roach hatte und Laurel nicht mehr, und ihm die ewigen Querelen mit dem geschäftsorientierten Produzenten um die für ihn so wichtige künstlerische Freiheit auf die Nerven gingen. Hardy drehte daraufhin einen einzigen Film mit Harry Langdon, was Laurel ihm offensichtlich sehr verübelte, und was auch viele Jahre später noch immer an die Oberfläche schwappt. Die beiden sind nicht mehr die Publikumsmagneten der 20er und 30er, sie sind sichtlich gealtert, andere sind an ihre Stelle getreten, und nun unternehmen sie eine Showreise durch Großbritannien und Irland, um das Publikum daran zu erinnern, dass sie noch da sind. Außerdem erhoffen sie sich Geld und Publicity für einen weiteren Film, einen erfolgreicheren hoffentlich als der allseits geschmähte „Atoll K“. Die Rollenverteilung zwischen den beiden hat sich längst wie bei einem alten Ehepaar eingespielt: Hardy, übergewichtig, herzkrank, kurzatmig, gibt sich mit Vorliebe den irdischen Freuden hin leistet sich Ehen und Scheidungen, Pferdewetten und andere schädliche Dinge, Laurel hingegen hat stets die Zügel in der Hand, schreibt unermüdlich neue Sketche und verhandelt mit Produzenten, und folglich ist er es, der als erster verfährt, dass es wohl keinen weiteren Film, der beiden geben wird. Es dauert lange, bis er es endlich wagt, Hardy diese Nachricht zu überbringen, doch offenbar hate er seinen Freund unterschätzt, denn der reagiert ziemlich cool und behauptet, er habe es eh schon gewusst. Die Tournee wird ermüdend und von wechselndem Erfolg begleitet, dann kommen auch noch die Gattinnen aus den Staaten rübergeflogen und importieren ein paar häusliche Themen. Hardy wird krank, Laurel wird vorübergehend mit einem britischen Comedian zusammengesteckt, doch das funktioniert nicht, und am Ende sind die beiden in ihrer ganzen Routine wieder dabei, lassen sich feiern, vor allem ihre Ankunft in Irland gestaltet sich triumphal. Dies wird ihre letzte gemeinsame Tour sein, Hardy wird sich aus Krankheitsgründen endgültig zurückziehen, bis er dann 1957 stirbt, acht Jahre vor Laurel, der, so will uns der Text im Abspann glauben machen, immer weitere Laurel-&-Hardy-Sketche verfasste.

   Steve Coogan und John C. Reilly haben jeder eine mörderisch schwere Aufgabe zu bewältigen und sie tun das mit Bravour. Man merkt ihnen in jeder Szene den Respekt, die Hochachtung und vor allem die große Zuneigung zu ihren Idolen an und sie bemühen sich immer, hinter den allseits bekannten Gesten und Ticks einen wirklichen Menschen zum Vorschein kommen zu lassen, und wenigstens hier und da bricht das ansonsten eher gediegene Drehbuch aus seiner Biopic-Routine aus und gestattet ihnen das auch. Es erübrigt sich, darauf hinzuweisen, wieviel mehr hier drin gewesen wäre, aber natürlich wollen alle möglichen Terrains abgefrühstückt werden, und so ergeben sich wenige, allzu wenige Momente, in denen die beiden mal ganz bei sich und miteinander sind, und wir wenigstens ansatzweise eine Vorstellung davon bekommen, was ihre Partnerschaft ausmachte. Sie zanken sich wie ein altes, erschöpftes Paar, sie versuchen, aus dieser Partnerschaft auszubrechen, doch sie können es dann doch nicht, weil sie viel zu sehr miteinander verbunden sind in wirklicher Zuneigung und Hochachtung. Bei Hardy ist es eher Bewunderung für das kreative Genie Laurel, bei dem es wiederum manchmal so etwas wie ein Beschützerinstinkt zu sein scheint, gepaart aber immer mit aufrichtigem Gefühl. Die beiden Ehefrauen bringen eine fruchtig-feurige Note Screwball in den Film, wobei ich allerdings nicht immer ganz sicher war, ob ich das angebracht finden sollte. Natürlich erinnern wir uns an die schaurigen Furien aus den Filmen der beiden, giftig-dominante Ladies mit schmalen Augen, die unsere beiden Helden jederzeit zu kleinen Jungs und Pantoffeltierchen degradieren konnten. Hardy hat es hier mit einer echten Helikoptermama namens Lucille zu tun und Laurel mit einer zickigen russischen Ex-Tänzerin namens Ida, und beide haben schon etliche Ehen und Scheidungen hinter sich, waren also keine Kinder von Traurigkeit. Doch insgesamt bleiben Stan und Ollie als Menschen hinter den Personas eher vage und schemenhaft, wie eigentlich immer in solchen Filmen. Das hat vielleicht mit Diskretion zu tun, aber wenn ich schon ein Biopic anschaue, will ich auch was über die Leute erfahren: Oder gern auch über ihre Zeit und ihr Business, aber da bleibt der Film ebenfalls arg flüchtig, weil er sich zu sehr auf das Thema der dahinwelkenden großen Zeit beschränkt und in Abschiedsmelancholie schwelgt, statt vielleicht mal aus ihrer großen Zeit zu erzählen, die ja auch die große Zeit Hollywoods allgemein war, und das hätte sicherlich ein paar hübsch deftige Stories geliefert. Am besten hat mir der Film in jenen Momenten gefallen, da sowohl Laurel als auch Hardy ganz instinktiv und unwillkürlich in jeder beliebig unangenehmen Situation, von denen hier einige zu finden sind, in ihre gewohnte Sketch-Routine ausweichen und wir ein Gefühl dafür kriegen, wie ihre lange Zeit miteinander und ihr perfektes und völlig instinktives Eingespieltsein das Resultat gewissenhafter und detailbesessener Arbeit war, und das war dann Laurels Part. Hardy war seinerseits zuständig für das souveräne Ausführen ihrer Routinen und damit gab er Laurel soviel Sicherheit und Geborgenheit, dass der mit niemandem sonst auftreten wollte.

 

   Also gibt’s hier und da ein paar gelungene Momente, und auf jeden Fall kann man die beiden Hauptakteure für ihre großartige Arbeit preisen, doch wieder einmal fallen Buch und Regie dahinter zurück, bleiben zu häufig zu konventionell, wie es schon zigmal der Fall war und auch noch zigmal der Fall sein wird. Wäre ich jetzt kein Fan der beiden und kein Kenner ihrer Filme, dann würde mich dieses Werk wohl auch nicht sonderlich neugierig darauf machen, sie für mich zu entdecken. Und das sagt mir dann, dass hier etwas Wesentliches fehlt… (3.6.)