Un divan à Tunis (Auf der Couch in Tunis) von Manele Labidi. Tunesien/Frankreich, 2019. Golshifteh Farahani, Majd Mastoura, Aïsha Ben Miled, Ramla Ayari, Hichem Yacoubi, Najoua Zouhair, Jamel Sassi
Selma hat lange in Paris gelebt, und nun ist sie wieder daheim, nistet sich bei Onkel und Tante ein und eröffnet zur allgemeinen Verblüffung oben auf dem Dach eine Praxis für Psychoanalyse. Niemand versteht, was das soll, denn Araber brauchen solchen Blödsinn nicht, so der allgemeine Tenor, und Selam wird von allen Seiten inständig bekniet, diesen närrischen Plan doch bitte sofort wieder zu verwerfen. Selma aber hängt sich den Dr. Freud mit arabischer Kopfbedeckung an die Wand, schießt alle Warnungen in den Wind und legt unverdrossen los – und hat großen Erfolg, wenn auch nach einigen Anlaufschwierigkeiten und Missverständnissen, was ihre Rolle als Analytikerin in Abgrenzung zur Ärztin angeht. Aber plötzlich will ein jeder und eine jede auf die Couch und sein/ihr persönliches Inneres nach außen kehren, sanft aber bestimmt geleitet von Selma, die ihre unerwartete Popularität natürlich genießt. Dann aber kriegt sie Stress mit einem Polizeibeamten, der es eigentlich eher auf sie abgesehen hat, dem sie aber ein bisschen die kalte Schulter zeigt, was letztlich dazu führt, dass er ihr mit Gesetzen und Vorschriften kommt und ihr klarmacht, dass sie ohne eine gültige Lizenz nicht praktizieren dürfe. Sie arbeitet sich nun also durch den tunesischen Bürokratiedschungel, und bis sie endlich am Ziel und in Besitz einer Lizenz ist, sind noch etliche skurrile Momente zu überstehen.
Wenn ich mal das etwas zu totalitäre und abrupt eingeleitete Happy End beiseitelasse, das nun wirklich jeglichen potentiellen Misston glattbügelt, ist dies ein wirklich netter, vergnüglicher Sommerfilm, insgesamt ziemlich leicht, auch angesichts der Themen, die hier ansatzweise verhandelt werden. Sicherlich wäre ein deutlich tiefgehendere Verarbeitung möglich gewesen, doch das war hier offensichtlich nicht der Plan. Möglich, dass eingeweihte oder einheimische Zuschauer einige der Anspielungen besser verstehen als Deppen wie ich, die von tunesischer Geschichte herzlich wenig wissen. Aber ein paar Dinge kriegt unsereiner auch schon mit – die Nachwehen politischer Wirren und die noch immer zu befürchtende Instabilität, die Rollenverteilung Mann-Frau, damit einhergehend die schrittweise Demaskierung des heiligen Machismo, die abstrusen Abwege der Bürokratie und so weiter. All dies wird mit viel Charme und Witz sanft durch den Kakao gezogen, allzu scharfe Töne habe ich jedenfalls nicht wahrgenommen, aber das ist ja auch nicht schlimm, denn dies ist insgesamt einfach eine witzige Komödie mit ein wenig Tiefgang und vor allem einer tollen Hauptdarstellerin, die die Szenerie ganz locker beherrscht, ohne sich jemals unangenehm in den Vordergrund zu drängeln. Einfach schön zu sehen, dass aus diesem sonst so konfliktbeladenen Teil der Welt auch mal ein Stück „Normalität“ zu uns ins Kino findet…»