Queen & Slim von Melina Matsoukas. USA, 2019. Daniel Kaluuya, Jodie Turner-Smith, Bokeem Woodbine, Benito Martinez, Sturgill Simpson, Flea, Chloë Sevigny, Indya Moore, Jahi Di’Allo Winston
Eine in den USA nur allzu vertraute Szenerie: Weißer Cop stoppt schwarzes Pärchen im Auto. Weißer Cop ist im Stress, überreagiert, schwarzes Pärchen ist nicht so brav und devot wie gefordert, weißer Cop ballert los und trifft schwarze Frau, schwarzer Mann kämpft mit ihm und erschießt ihn in Notwehr mit der Dienstwaffe. Schwarze Frau, Anwältin und daher mit den Gepflogenheiten US-amerikanischer Justiz vertraut, überredet schwarzen Mann, abzuhauen, und daraus wird eine Odyssee von Ohio bis runter nach Florida, von wo aus sie ein Flugzeug nach Kuba zu erwischen hoffen. Das halbe Land nimmt mittlerweile Anteil an ihrem Schicksal, ein lukratives Kopfgeld wird ausgelobt, und ausgerechnet ein schwarzer Bruder zieht sich die Kohle an Land, indem, er das Pärchen an die Cops verrät, und die wissen erwartungsgemäß keine andere Lösung, als Queen und Slim totzuschießen.
Dieser fatale, melodramatische Ausgang war eigentlich vorprogrammiert, vorhersehbar und daher ganz schädlich für die Spannung, aber das ist nur ein kleineres Problem dieses Films. Eine reichlich überlange, aufgeblähte Seifenoper, die nie den richtigen Tonfall findet und sich zwischen Melodrama, Liebesdrama, Rassismusdrama, Roadmovie und Gewaltdrama nie so recht entscheiden mag. Es ist dabei aber kein reizvoller Hybrid herausgekommen, sondern ein in vieler Hinsicht sehr unausgegorenes Werk, das mal auf dicke Eier macht und mal auf still und gefühlvoll und das für meinen Geschmack zu keinem Zeitpunkt echt wirkt. Schon ganz früh in der Story hatte ich das unbestimmte Gefühl, dass sich ganz vieles falsch anfühlt, dass die Handlung im Ganzen und die Handlungen der Personen im Einzelnen oft extrem unplausibel bis widersprüchlich erscheinen, und gerade das hat mir letztlich den Zugang zu den Personen völlig verbaut. Die krasseste Widersinnigkeit ist vermutlich der Videomitschnitt des tödlichen Konflikts, der überall im Netz auftaucht und der eigentlich glasklar beweist, dass der Cop zuerst geschossen hat und Slim nur in Notwehr handelte, der folglich eher zur Entlastung der beiden diente statt sie auf ewig in die Flucht zu treiben. Ähnlich unmotiviert und abstrus sind viele der Einzelepisoden, aus denen sich die Reise der beiden durch den schmuddeligen Unterleib der USA zusammenfügt. Sie treffen auf schräge Freaks, Waffenjunkies und viele Schwarze, die die beiden plötzlich wie Helden glorifizieren und sogar eine landesweite Protestkampagne zu ihren Ehren lostreten. Die Eskalation nimmt immer groteskere Auswüchse an, es gibt gewaltsame Ausschreitungen, und die Polizei rüstet gewaltig auf, sodass der blutige Ausgang nur eine Frage der Zeit ist.
Einzig die beiden wirklich großartigen Hauptdarsteller und ein paar coole Impressionen aus den Südstaaten wären den Eintritt wert (und sorgen auf jeden Fall für den zweiten Stern hier), doch ist das Drehbuch letztlich viel zu schwach und die Regie setzt auf merkwürdig schrille Töne, klischeehafte „Gänsehautmomente“ und unpassende Posen, statt sich ernsthaft mit den beiden Protagonisten zu befassen, die letztlich kaum mehr sind als blass umrandete Karikaturen. Falls der Film als Beitrag zur Rassendebatte in den Staaten gedacht sein sollte, empfindet ich ihn als wenig konstruktiv und bereichernd, einfach nicht als ernsthaft genug. Und ja - hundertdreißig Minuten können auch mal richtig lang werden… (21.1.)