Ein nasser Hund von Damir Lukačević. BRD, 2021. Doguhan Kabadyi, Derya Dilber, Mohammad Eliraqui, Kida Khodr Ramadan, Dorka Gryllus, Omar Antabli, Maradona Akkouch, Samy Abdel Fattah, Emircan Yildirim, Christoph Letkowski
Ein nasser Hund ist immer noch besser als ein trockener Jude. Diesen Satz, den er und seine Eltern oft hören mussten, hat Soheil noch aus seiner iranischen Heimat mitgebracht, bevor man dem unerträglichen Antisemitismus dort den Rücken kehrte und in die BRD zog, erst nach Göttingen und dann in den Kiez im Wedding. Die Eltern bauen sich eine bürgerliche Existenz auf und tragen ihre jüdische Identität nicht nach außen, sind zwar stolz darauf, aber nicht religiös, und so hat Soheil auch lange gar keine Probleme, auch nicht in der Schule, wo er weit und breit nur von Kindern aus muslimischen Kulturen umgeben ist. Sein Aussehen macht ihn ohnehin zu einem von ihnen, und so findet er Anschluss und Freundschaft in der Gang von Husseyn. Sehr zum Kummer von Mamma und Pappa natürlich, denn es gibt alsbald jede Menge Ärger und er wird Stammkunde der Polizeiwache im Viertel, doch immerhin macht Soheil sich als Graffitikünstler einen lokalen Namen und gewinnt Respekt. Als er sich dann auch noch in die kesse Selma verguckt, scheint alles gut zu werden – bis herauskommt, dass er Jude ist und ihm plötzlich Feindseligkeit und Misstrauen begegnen. Gegen der Willen der Eltern bildet er sich in Sachen jüdische Geschichte und entscheidet sich letzthin, Berlin zu verlassen und nach Israel zu gehen.
Kein Happy End, das ist okay, und Soheils finale Entscheidung meinetwegen auch, doch kommt sie insgesamt recht abrupt und unmotiviert, genauso wie sein Crashkurs in Sachen kulturelle und religiöse Identität, die mir kaum nachvollziehbar erscheint. Und dass er am Schluss auch noch als israelischer Soldat auf Palästinenser schießen muss, ist genau eine Umdrehung zuviel und gibt dem bis dahin doch sehr ansehnlichen Film einen unnötig absurden Nachgeschmack. Ab gesehen davon hat mir der vitale, plastische Blick auf das Milieu im Wedding sehr gut gefallen, ebenso wie die tollen Darsteller, die äußerst authentisch und lebendig wirken. Weniger überzeugend sind die Dialoge an vielen Stellen, ziemlich sozialpädagogisch und mit viel Zeigefinger, so als traue man den vorwiegend jüngeren Zuschauern, an die sich der Film zweifellos vor allem richtet, nicht recht zu, sich selbst ein Bild und eine Meinung zu machen. Da wird manchmal reichlich dick aufgetragen, und wenn dann noch eine so ungeschickte und klischeehafte Figur dazukommt wie Christoph Letkowskis Gutmenschlehrer, der von Soheil als banaler Rassist bloßgestellt wird, ruckelt’s schon ein bisschen zwischendrin. Doch die starken Bilder und die ebenso starken Typen machen das im Großen und Ganzen wieder wett – wenn nicht dieser missglückte Schluss wäre, der mir zumindest zum Teil die Stimmung verhagelt hat. Aber gut, die Wege des Menschen sind häufig unergründlich… (15.9.)