Zanan bedun-e mardan (Women without men) von Shirin Neshat. BRD/Österreich/Frankreich, 2009. Shabnam Tolouei, Pegah Ferydoni, Arita Shahrzad, Orsolya Tóth, Shahrnush Parsipur

   Vier Frauen, die jeweils auf ihre Weise in Unfreiheit leben: Eine wird von ihrem Bruder drangsaliert, sie solle sich endlich verheiraten. Er sperrt sie ein und verhindert, dass sie per Radio über die Ereignisse im Lande informiert ist, denn Frauen haben sich nicht für Politik zu interessieren. Ihre Freundin möchte den Bruder gern für sich haben und ist verzweifelt, als sie erfährt, dass er die Hochzeit mit einer anderen plant. Eine junge Prostituierte flieht aus dem Bordell, getrieben von Ekel und auch Selbstekel, wie man später im öffentlichen Bad sieht, als sie ihre Haut blutig schrubbt. Eine ältere, seit langem mit einem renommierten Herrn verheiratete Frau sehnt sich nach mehr Freiheit und der Möglichkeit, endlich mehr zu sein als nur sein Anhängsel. Diese vier kommen auf verschlungenen Wegen in einem versteckten Garten zusammen, und jede versucht für sich, einen Weg aus der Unfreiheit zu finden. Parallel dazu läuft in der Hauptstadt ein Militärputsch an, angezettelt von den Briten und den Amerikanern, um den ungeliebten Präsidenten loszuwerden, denn der hat tatsächlich vor, die von seinem Vorgänger initiierte Verstaatlichung der einheimischen Ölförderung fortzusetzen. Bilder vom Schah werden durch die Stadt gefahren, auf die Demonstranten wird eingedroschen. Das Land ist Iran, das Jahr ist 1953.

   Ein ebenso bemerkenswerter wie herausfordernder Film, der sich (und da sind wir wieder beim Stichwort) die Freiheit nimmt, den herkömmlichen Kategorien zu entweichen, und neben etlichem öffentlichen Lob hat es ihm auch die Kritik derjenigen eingebracht, die alles immer hübsch übersichtlich aufgeteilt haben wollen. Geht’s nun um Frauenrechte oder um große Politik, soll dies ein Drama sein oder doch eher eine surreale Fantasie? Offensichtlich haben die Filmemacherin und die Autorin des Romans, Shahrnush Parsipur, die hier in der Rolle der Bordellmutter auftritt, einen perfekten Rapport gefunden, denn wenn ich mir die Rezensionen zum Roman durchlese, stoße ich auf eine ziemlich ähnliche Beschreibung. Unterschiedlichste Stilmittel und Erzählebenen, die bruchlos ineinanderfließen und ein komplexes, suggestives, hybrides Bild der Ereignisse und Personen vermitteln und die einem schnellen Verständnis oder einer spontanen Identifikation ebenfalls eher im Wege zu stehen scheinen. Aber es geht hier ganz offenkundig auch nicht darum, ein allgemein leicht konsumierbares Stück Film zu fabrizieren, es geht eher um eine poetische Nachempfindung der wichtigsten Themen: Freiheit und Unterdrückung. Einerseits leben die Frauen privat noch überwiegend streng nach den Regeln des konservativen Islam, andererseits sieht man einige, wenn auch nicht viele, draußen auf den Straßen unter den Demonstranten. Politische Aktivität ist für Frauen aber nicht gewünscht, sexuelle Aktivität gleichsam nur im Zusammenhang mit Prostitution, und da natürlich hochgradig tabuisiert. Intellektuelle Aktivität ist ebenfalls nicht vorgesehen, eine Frau hat stets im Schatten des Mannes zu stehen und dekorativ an seiner Seite zu verharren. Es braucht nur wenige, brillant konzentrierte Szene, um all das restlos eindrücklich klar zu machen, und von dort aus schwebt die Erzählung dann immer wieder in jenen mystischen Garten, in dem Tote lebendig zu werden scheinen und der den Frauen Zuflucht und Ausgangsort für die Zukunft in gleichem Maße sein könnte. Doch die Perspektive ist dunkel: Die Schergen des Schah knüppeln die demokratischen Ansätze nieder, und genauso ist es auch im Privatleben gelaufen.

 

   Ich muss mich darauf einlassen, muss auch damit leben, dass ich vielleicht nicht gleich jede Szene sofort verstehen und einordnen kann, als Ganzes betrachtet aber ist dies ein eindrucksvoller und sehr ausdrucksstarker Film, der sein Anliegen nicht als Pamphlet formuliert, sondern sehr viel eleganter und wenn man so will, künstlerischer. (Disc, 19.6.)